taz.de -- Französische Verteidigerin Karchaoui: Überall mit Überblick

Sakina Karchaoui sucht die Schönheit der Kombination mehr als den Ruhm. Und ist als weibliche muslimische Fußballerin ein Vorbild in Frankreich.
Bild: Beim Auftaktspiel Kapitänin: Sakina Karchaoui

„Eine Vorlage zu liefern, löst noch mehr Emotionen in mir aus, als selbst ein Tor zu schießen“, [1][sagt Sakina Karchaoui im Interview mit dem französischen Fußballverband und lächelt.] Niemanden, der ihrem Spiel zuschaut, kann das wundern. Karchaoui ist eine, die den Überblick behält, die versteht, wer wann wohin zu laufen hat, die in den perfekten Laufweg spielt und die Schönheit einer vollendeten Kombination mehr sucht als den persönlichen Ruhm durch ein Tor.

Dass die Außenverteidigerin neben ihrem Spielverständnis auch mit Ausdauer und physischer Präsenz punktet, zeigen ihre häufigen Aktionen in der Offensive. Beim [2][ersten Spiel des französischen Teams] bei dieser EM war ihre Qualität im Angriff besonders gefordert: Gegen England vertrat Karchaoui die verletze Griedge Mbock als Kapitänin und trat im linken Mittelfeld an.

Mit 29 Jahren gehört Karchaoui zu der Generation Fußballerinnen, die im Laufe ihrer Karriere große Sprünge in der Professionalisierung des Sports erlebt haben. Karchaoui wuchs in der südfranzösischen Kleinstadt Miramas auf. Erst mit zehn Jahren wurde sie Mitglied beim heimischen Verein US Miramas, vorher war sie Straßenfußballerin und kickte vor allem mit Jungs.

Spät entdeckt

Nach zwei Jahren im Ortsverein entdeckte Montpellier HSC das Talent der damals 13 Jahre alten Karchaoui bei einem Turnier. Sie zog in die Provinzhauptstadt und debütierte mit 16 Jahren für Montpellier in der höchsten französischen Spielklasse, der Division 1 Féminine. Ab 2014 kam sie dort regelmäßig zum Einsatz.

Mit 24 Jahren wechselte Karchaoui zu Olympique Lyon und zog schon nach einer Spielzeit 2021 weiter zu ihrem heutigen Verein Paris Saint-Germain FC. Seit 2012 kommt Karchaoui auch für die Nationalmannschaft zum Einsatz, zunächst in Nachwuchsteams, mit 20 Jahren zum ersten Mal auch für die A-Auswahl. Die WM in Australien 2023 war Karchaouis fünftes großes Turnier für Les Bleus.

Dass bei diesem Turnier zum ersten Mal in der Geschichte [3][auch Marokko an einer WM teilnahm], erfülle sie mit besonderer Freude, sagte Karchaoui damals auf einer Pressekonferenz. Ihre Eltern sind marokkanische Einwanderer:innen und sie sei stolz auf ihre Wurzeln. Ihren muslimischen Glauben lebt sie offen aus, zum Beispiel über Instagram, wo sie zum Ende des Ramadan im März ein frohes Fastenbrechen wünschte.

In einer Gesellschaft wie der französischen nimmt Karchaoui durch ihre Offenheit eine Vorbildrolle ein, mit der sie zeigt: Weiblich, muslimisch, Kind migrantischer Eltern und als Profifußballerin eine der Erfolgreichsten – aucun problème!

9 Jul 2025

LINKS

[1] https://www.youtube.com/watch?v=EbWpF0Ama-8
[2] /Favoriten-Duell-bei-der-Fussball-EM-/!6095736
[3] /Mehr-Teilnehmerinnen-bei-der-WM/!5952013

AUTOREN

Marie Gogoll

TAGS

Fußball-EM der Frauen 2025
Frauenfußball
Migration
Muslima
Schwerpunkt Frankreich
Fußball-EM der Frauen 2025
Fußball-EM der Frauen 2025
Fußball-EM der Frauen 2025
Fußball-EM der Frauen 2025
Fußball-EM der Frauen 2025
Frauen-Fußball-WM 2023

ARTIKEL ZUM THEMA

Fußballerin Tuğba Tekkal: „Auf dem Platz fragt keiner, wo du herkommst“

Erst kickte Tuğba Tekkal heimlich auf dem Bolzplatz, später in der Bundesliga. Heute setzt sie sich mit Fußball für Mädchen ein.

Weltfußballerin Aitana Bonmatí: Die zaubernde Strategin

Seit ihrer Jugend spielt Aitana Bonmatí beim FC Barcelona. Für die spanische Auswahl ist sie eine Schlüsselspielerin.

England vor nächstem Gruppenspiel: Ordentlich unter Druck

Die Titelverteidigerinnen aus England könnten gegen die Niederlande ausscheiden. Das Team spielte zuletzt oft schlecht, um dann wieder zu überzeugen.

Favoriten-Duell bei der Fußball-EM: Wunderbar und schlau

Bei 2:1 gegen England zeigt das französische Team Kreativität und Biss. Der Neuaufbau könnte schon bei diesem Turnier Früchte tragen.

Frauenfußball vor der EM in der Schweiz: Revolutionär, feministisch und letzten Endes auch nur Fußball

Der Frauenfußball wächst und wächst. Wachstum scheint auch der einzige Maßstab, andere Themen werden übersehen.

Spielerinnenproteste zur Fußball-WM: Aufstand gegen das System

Profis in Frankreich, Spanien und Kanada streiken gegen ihren Verband – mit unterschiedlichem Erfolg. Etliche Spielerinnen bleiben der WM fern.