taz.de -- Die Wahrheit: Kriminelle Föten

Gesetzeslücken beim Führerscheinentzug werden in Irland gerne genutzt. Sogar von Ungeborenen.

Die Straftäter werden immer jünger. Die Krawalle in der Dubliner Innenstadt, die an Wochenenden gern von Teenagern angezettelt werden, gehören längst zum Alltag. Aber dass bereits Föten zu Straftaten neigen, war bisher nicht bekannt.

Die Garda Síochána – die „Wächter des Friedens“, wie die Polizei auf Irisch heißt – hat Tausende von nachrichtendienstlichen Dateien über Kinder unter zwölf Jahren angelegt – darunter ist ein zehn Monate alter Säugling, der „in ein Verbrechen verwickelt“ war. Ein anderer Gangster war sogar erst 42 Tage alt. Aber es geht noch jünger: Es wurden auch kriminelle Kinder erfasst, die Straftaten begangen haben, bevor sie überhaupt geboren waren. Offenbar haben sich inkompetente Beamte ständig bei den Geburtsdaten vertippt.

Das wurde jetzt in einem Bericht der für die Polizei zuständigen Aufsichtsbehörde festgestellt. Dabei wurde bereits vor elf Jahren im irischen Parlament moniert, dass Kinder von „Travellern“ im System der Polizei gespeichert wurden. Traveller sind die Fahrenden Irlands, aber sie gehören der internationalen Sinti-und-Roma-Vereinigung an. Und diesen Leuten wird die Kriminalität praktisch in die Wiege gelegt, so glaubt die Polizei anscheinend.

Die Aufsichtsbehörde hat zahlreiche Fälle aufgedeckt, in denen aus „unangemessenen Gründen“ Dateien angelegt wurden. Dazu gehörten eine Mutter und ein einjähriges Kind, die in einem Auto vor einer Wäscherei saßen und auf ihre Wäsche warteten, sowie Eltern mit einem zweijährigen Kind, die bei einem verdächtigen Spaziergang beobachtet wurden.

Datensätze

Insgesamt wurden in den letzten zehn Jahren 2.204 Datensätze über Kinder unter dem Alter der Strafmündigkeit angelegt, das seit 2006 bei zwölf Jahren liegt, darunter 587 über Kinder unter drei Jahren. Drei Babys sind in die Polizeiakten geraten, weil sie zu schnell gefahren sind. Aber sie müssten nicht unbedingt ihren Führerschein abgeben, wenn sie einen hätten. Es gibt nämlich einen Trick, wie man ein Fahrverbot umgehen kann.

Wer zu schnell fährt, bekommt drei Strafpunkte. Bei zwölf Punkten binnen drei Jahren ist der Führerschein für ein halbes Jahr futsch – es sei denn, man bekennt sich vor einem Bezirksgericht schuldig. Dieses Gericht kann ein Fahrverbot nach Gutdünken aussprechen, und die Übeltäter müssen ihren Lappen lediglich für 24 Stunden abgeben. Dann werden keine Strafpunkte fällig, denn es gebe keinen Grund, „Menschen mit Strafpunkten zu belegen, die zu einem Entzug der Fahrerlaubnis führen könnten, wenn ihnen ohnehin die Fahrerlaubnis entzogen wird“, heißt es in der Richtlinie des Transportministeriums.

Offenbar hatte man nicht mit der Kreativität von Verkehrssündern gerechnet. Ende März ist das Schlupfloch geschlossen worden. Jetzt müssen sich die kriminellen Kleinkinder etwas anderes einfallen lassen.

19 May 2025

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Ralf Sotscheck

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