taz.de -- Drohender Regierungsbruch: Südafrikas Koalition steht vor dem Aus
Der ANC verkracht sich mit seinem liberalen Koalitionspartner DA. Grund ist eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um 0,5 Prozentpunkte.
Johannesburg taz | Als Südafrika im vergangenen Jahr eine Regierung der Nationalen Einheit (GNU) bekam, nachdem der regierende ANC (African National Congress) bei den Wahlen auf 40,98 Prozent abgerutscht war, wurde das allgemein als Beweis einer neuen Kompromissfähigkeit begrüßt.
Der ANC hätte sich mit seinen linken Abspaltungen EFF (Economic Freedom Fighters) oder [1][MK (uMkhonto weSizwe)] verbünden können – er zog die aus ehemals weißen Parteien hervorgegangene liberale Oppositionspartei DA (Democratic Alliance) vor, dazu eine Reihe von Kleinparteien. Mit den DA-Stimmen wurde Präsident Cyril Ramaphosa im Amt bestätigt.
Südafrikas Privatwirtschaft hatte geholfen, das einzufädeln. Die Geschäftswelt bewegte die DA-Führung dazu, die bestehende Oppositionsallianz aufzugeben, die eigentlich den ANC an der Regierung ablösen sollte, und stattdessen [2][den ANC an der Macht zu halten]. Die DA dachte, sie hätte damit den ANC in der Hand und könnte ihn in Richtung einer besseren Wirtschaftspolitik steuern: weniger Staatsausgaben, Kampf gegen Korruption, mehr Wachstum.
Aber der ANC hat die DA ausmanövriert. Schon die Regierungsbildung war ein Warnsignal: Der ANC vergrößerte zum Ausgleich für die sechs DA-Ministerposten einfach das Kabinett von 28 auf 34 Mitglieder. Und dann wurde ein teures Gesetzesvorhaben nach dem anderen gegen den Willen der DA beschlossen: Krankenversicherung, Reform der Grundschulen, Landenteignung.
Aus Sicht des ANC kündigt DA Koalition einseitig auf
Der neue Haushaltsplan 2025 hat nun den DA-Frust zum Überlaufen gebracht. Gegen die Stimmen der DA brachte der ANC vergangene Woche einen Haushaltsentwurf durch das Parlament, der die Mehrwertsteuer um 0,5 Prozentpunkte erhöht, von 15 auf 15,5 Prozent. Einige nicht an der Regierung beteiligte Parteien stimmten dafür. Die DA zog daraufhin vor Gericht – gegen einen Haushalt einer Regierung, in der sie selbst sitzt.
Aus Sicht des ANC hat die DA damit die Koalition einseitig aufgekündigt. Die DA müsse nun entscheiden, ob sie Teil der Regierung sei oder nicht, warnte ANC-Generalsekretär Fikile Mbalula am Dienstag auf einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz. Man stehe bereit, mit anderen Partnern zu arbeiten.
Im Rückblick hat der ANC die DA gezielt auflaufen lassen. Es hatte in den letzten Monaten zunehmenden Druck vom linken ANC-Flügel gegeben, den Liberalen nicht nachzugeben. Die historisch mit dem [3][ANC verbündeten Kommunisten (SACP)] beschlossen, zu den Kommunalwahlen 2026 erstmals mit eigenen Listen anzutreten. Die linke MK-Opposition von Expräsident Jacob Zuma nutzte jede Gelegenheit, um dem ANC einen Ausverkauf Südafrikas an die Weißen vorzuwerfen und damit an Beliebtheit zu gewinnen.
Unternehmer klagen über die Ineffizienz der Steuerbehörde
Im Streit um die Mehrwertsteuer kann der ANC jetzt gar nicht nachgeben, denn das würde Zumas Vorwurf bestätigen. Völlig in den Hintergrund tritt dabei die Frage, was ANC-Finanzminister Enoch Godongwana mit der Steuererhöhung eigentlich bezweckte, außer die DA zu ärgern. Die Mehrwertsteuer ist an sich eine regressive Steuer, die halbprozentige Erhöhung bringt wenig und wird höchstens das Investitionskapital Schwarzer Unternehmer verringern.
90 Prozent aller südafrikanischen Unternehmer klagen über die Ineffizienz der Steuerbehörde Sars, die meist viel zu hohe Vorsteuerbescheide verschickt und damit Unternehmen schwächt. Viele Schwarze Unternehmer unterstützen die DA in der Hoffnung auf eine bessere Verwaltung und mehr Wachstum.
Ob die Mehrwertsteuererhöhung nun wie geplant zum 1. Mai in Kraft treten kann, ist offen. Aber wenn das Ergebnis des neuen Staatshaushaltes ist, dass Südafrikas Wirtschaft weiter stagniert, wird man nun den ANC dafür verantwortlich machen und die einstige Befreiungsbewegung als unzuverlässig kritisieren: Sie hat die DA benutzt, um sich selbst an der Macht zu halten, und danach alles abgeblockt. Mitarbeit: Dominic Johnson
Transparenzhinweis: In einer früheren Version dieses Textes war die Oppositionspartei Democratic Alliance (DA) fälschlicherweise als „Democratic Alternative“ bezeichnet worden. Den Fehler haben wir inzwischen korrigiert.
8 Apr 2025
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