taz.de -- Einigung in Dschidda: Rechnung ohne Putin

Die Zickzack-Diplomatie des US-Präsidenten passt zum ursprünglichen Plan von Keith Kellogg. Bleibt für Trump nur noch, die Russen zu überzeugen.
Bild: Donald Trumps Strategie gegenüber Russland ist völlig unklar. Foto vom Juni 2019

Fast einen Monat lang hat die US-Regierung unter Donald Trump alles unternommen, um der Ukraine deutlich zu machen, dass sie sich nicht auf die USA verlassen kann. Von der Beschimpfung Wolodymyr Selenskyjs als „Diktator“ bis zum [1][Rauswurf aus dem Weißen Haus] und der Aussetzung der US-Militärhilfe war alles dabei. Nehmen wir einmal an, dass Donald Trump nicht, wie es den Anschein hatte, seine neue Allianz mit Wladimir Putin besiegeln wollte, sondern dass es sich um Trumps rumpelnde Art der Verhandlungsführung handelte.

Dann hätte er damit – und mit der am Dienstag zwischen den USA und der Ukraine erreichten Übereinkunft – die eine Seite des [2][vor knapp einem Jahr formulierten Plans seines Ukrainebeauftragten Keith Kellogg] abgearbeitet. Durch die Drohung, ihr die Unterstützung zu entziehen, so hieß es darin, sollte die Ukraine gezwungen werden, den Kampf aufzugeben. Ist es das, was wir in den letzten Wochen erleben?

Jetzt sei Russland am Zug, seinerseits den Waffenstillstand zu akzeptieren, heißt es aus Washington. Das wäre die zweite Seite des Kellogg-Plans. Die darin vorgesehene Drohung an Russland bestand in einer Verschärfung der Sanktionen und einer massiven Aufrüstung der Ukraine in nie dagewesenem Umfang, sollte sich Russland nicht auf einen Waffenstillstand und Verhandlungen einlassen wollen. Bislang gibt es keine Anzeichen, dass Russland darüber auch nur nachdenkt.

Will Trump irgendeine Art von Glaubwürdigkeit haben, muss er jetzt auch Moskau gegenüber zeigen, dass er es ernst meint. Selbst wenn es aber zu dem geforderten 30-tägigen Waffenstillstand käme – was dann? In der knappen Erklärung von Dschidda steht nichts darüber, ob, wie oder von wem rund [3][1.000 Kilometer Frontlinie] überwacht werden könnten. Eine künftige Präsenz europäischer Truppen hat Russland abgelehnt.

Moskau bleibt eigenen Kriegszielen treu

Und es ist kaum vorstellbar, dass Russland die anderen Forderungen der Erklärung erfüllt, etwa die Rückführung der [4][Tausenden verschleppten ukrainischen Kinder]. Russland hat auch nie seine eigenen Kriegsziele abgeschwächt, die Ukraine zu „demilitarisieren“ und zu „entnazifizieren“ – kurz: die Ukraine durch einen wehrlosen Staat mit einer willfährigen Regierung zu ersetzen.

Trump hat die Ukraine zur Aufgabe ihrer berechtigten Positionen erpresst – der Beweis, dass er es auch schafft, Russland von seinen verbrecherischen Positionen abzubringen, steht noch aus. Genauer: der Beweis, dass er das überhaupt will. Die ersten Reaktionen aus Europa auf den angeblichen „Durchbruch“ in Dschidda waren Erleichterung. Das ist einerseits verständlich, hatten die letzten Wochen doch alle europäischen Schwachstellen in Großaufnahme offenbart und gezeigt, dass Europa nicht in der Lage wäre, den Wegfall der US-Unterstützung für die Ukraine zu kompensieren.

Die Einigung von Dschidda bedeutet da eine kleine Atempause. Von dem Ziel aber, einem brutalen Aggressor die Grenzen aufzuzeigen, scheint die Welt gerade noch ein wenig weiter entfernt.

12 Mar 2025

LINKS

[1] /Ukraines-Praesident-in-Washington/!6072965
[2] https://americafirstpolicy.com/issues/america-first-russia-ukraine%C2%A0
[3] /Trump-und-die-Ukraine/!6066736
[4] /Kinderverschleppung-nach-Russland/!5945739

AUTOREN

Bernd Pickert

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