taz.de -- Die Wahrheit: Kein Oscar für Pinguine
Neues aus Neuseeland: Nicht nur in Hollywood, sondern auch am pittoresken Ende der Welt findet mitunter ganz großes Entertainment statt.
Während die Oscars diese Woche alle in Beschlag nahmen, wurden bei uns jenseits von Pomp, Küssen und Krawall einschneidende Entertainment-News vermeldet, die ebenfalls eimerweise Popcorns würdig sind – auch wenn sie es angesichts der Konkurrenz aus Hollywood nicht auf die Weltbühne schafften, sondern nur in die hiesige Presse.
Dank wachsamer Augen aus Aotearoa kam die Techfirma Ubisoft mit ihrem Videospiel „Tom Clancy’s Rainbow Six Siege“ ins Visier. Dort geistert seit Februar eine neue Figur namens Rauora herum. Nicht allein stammt sie von einem erfundenen Maori-Stamm mit dem faken Namen Rārata ab, auch war das Geburtsdatum der 29-jährigen Kämpferin mit dem 15. März angegeben.
An jenem Datum starben vor sechs Jahren 51 Muslime in zwei Moscheen in Christchurch. Bald steht der nächste Gedenktag an. Der rechtsextreme Attentäter mähte die Betenden mit Schüssen nieder und filmte sich per Livestream – wie in einem Videospiel. Rauoras Profil verrät, dass auch sie mit einem Maschinengewehr ausgerüstet ist.
Ubisoft hat sich für den Fauxpas entschuldigt und Rauoras Geburtsdatum vorige Woche geändert. Keinerlei Erklärungsnöte gibt es dagegen für einen anderen Riesen der Branche, der sich mit Zwergen herumschlagen musste: Netflix verfilmte gerade im neuseeländischen Oamaru den John-Steinbeck-Klassiker „East of Eden“ („Jenseits von Eden“). Florence Pugh, bekannt aus „Oppenheimer“ und „Little Women“, spielt eine Hauptrolle in der siebenteiligen Serie. Der verschlafene viktorianische Küstenort der Südinsel wurde mit großem Aufwand zum kalifornischen Salinas Valley als Schauplatz des Romans verwandelt und die Einwohner des Städtchens als Statisten in historische Kostüme gesteckt. Alle machten begeistert mit.
Doch es gab auch ungebetene Gäste, die sich in der Dämmerung vom Strand aus einschlichen und mutmaßlich ein paar Hollywoodstars überraschen wollten. Oamaru ist neben seinem Steampunk-Museum und alten Sandsteingebäuden vor allem für die kleinsten Pinguine der Welt bekannt, die sich dort regelmäßig ab November an Land verirren.
Da sie unter Artenschutz stehen, sind mehrmals pro Woche Naturschützer für die Rettung der Tiere im Einsatz. Der erste streunende Pinguin der Saison versteckte sich unter einem Karussell auf dem Spielplatz, zwei weitere tapsten in ein Juweliergeschäft. Ein Küken landete in einem Wasserfall. Der nächste Notruf betraf „East of Eden“: Deren Kostümabteilung erhielt gefiederten Besuch.
Der Filmset am Strand, wo große Zelte errichtet waren, grenzte an eine große Pinguinkolonie. „Wir hatten schon damit gerechnet“, sagte die Umweltmanagerin der Kolonie. „Nichts Ungewöhnliches.“ Netflix hat inzwischen die Zelte abgebaut, der Dreh ist beendet. Während in Hollywood Oscar-Applaus ertönte, hörte man in Oamaru abends nur die Brandung und ein seltsames Quaken und Quieken: der Sound der Pinguine.
6 Mar 2025
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