taz.de -- Berufsverbot für Klimaaktivistin: Zulassung zum Referendariat wird untersagt
Die Klimaaktivistin Lisa Poettinger darf definitiv nicht Lehrerin in Bayern werden. Das geht aus einem Bescheid des Bildungsministeriums hervor.
Berlin taz | Die Klimaaktivistin Lisa Poettinger wird nun auch offiziell nicht zum Referendariat in Bayern zugelassen. Das geht aus einem Schreiben des bayerischen Bildungsministeriums hervor, [1][das Poettinger am Dienstag auf dem Kurznachrichtendienst Bluesky gepostet hat].
Schon im November hatte das von Anna Stolz (Freie Wähler) geführte Ministerium [2][Poettinger mitgeteilt], dass es beabsichtige, ihr die Zulassung zum Referendariat zu versagen. Ohne Referendariat allerdings kann die 28-Jährige [3][aber auch nicht Lehrerin werden].
Nun hat sie die Entscheidung auch schwarz auf weiß vorliegen: „Die Zulassung für den Vorbereitungsdienst für das Lehramt an Gymnasien zum Termin Februar 2025 wird Ihnen untersagt“, heißt es im Bescheid des Ministeriums.
Poettinger hatte im vergangenen Jahr die Demos gegen rechts in München mitorganisiert. Außerdem protestierte sie gegen die Automesse IAA in der Landeshauptstadt und beteiligte sich an der Besetzung des Dorfes Lützerath, als es für den Braunkohleabbau von der Polizei geräumt wurde. Am kommenden Samstag will sie als Rednerin bei den Protesten gegen die Münchner Sicherheitskonferenz auftreten.
In einem Zeitungsinterview hatte sie 2021 die Automesse als ein „Symbol für Profitmaximierung auf Kosten von Mensch, Umwelt und Klima“ bezeichnet. Das wird Poettinger nun zur Last gelegt. „Nach Mitteilung des Verfassungsschutzes stammt der Begriff ‚Profitmaximierung‘ aus dem Kommunismus und wertet Gewinnstreben in der Wirtschaft ab“, heißt es [4][in einem von Poettinger geposteten Ausschnitt des Ministeriumsbriefs]. Auch ihr „Eintreten für den Klassenkampf ist mit dem Eintreten für die freiheitlich demokratische Grundordnung nicht vereinbar“, [5][heißt es an anderer Stelle].
Poettinger kündigt Klage an
Poettinger weist die Einschätzungen des Ministeriums zurück. „Kapitalismus ist nicht Demokratie, Kapitalismus steht nicht in der Verfassung“, schreibt sie auf Bluesky. Das stehe sogar in [6][Artikel 151 der bayerischen Landesverfassung]. Dort heißt es: „Die gesamte wirtschaftliche Tätigkeit dient dem Gemeinwohl, insbesonders der Gewährleistung eines menschenwürdigen Daseins für alle.“ Sie werde daher bald Klage gegen das Berufsverbot einreichen.
Mehr als 4.000 Unterstützer:innen haben [7][auf einer Webseite] nach eigenen Angaben bereits ihre Solidarität mit Poettinger erklärt.
11 Feb 2025
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