taz.de -- BGH-Urteil zu Facebook: Entschädigung nach Datenklau – so geht’s
Betroffene eines Datenlecks bei Facebook haben Anspruch auf Schadenersatz. Wie Nutzer:innen prüfen, ob sie dazugehören und worauf es dann ankommt.
Was ist passiert?
Der Bundesgerichtshof (BGH) [1][hat diese Woche entschieden]: Von einem Datendiebstahl bei der Meta-Tochter Facebook betroffene Nutzer:innen haben Anspruch auf Schadensersatz – und zwar auch ohne dass es dafür einen konkreten Missbrauch der Daten bedarf. Anlass war ein Fall, der sich vor dreieinhalb Jahren ereignete: Die Täter:innen veröffentlichten damals persönliche Daten von insgesamt 533 Millionen Facebook-Nutzer:innen aus aller Welt im Internet, unter anderem Namen und Telefonnummern. Ursache war eine Sicherheitslücke, durch die nicht nur Facebook-Freunde, sondern auch Dritte diese Daten auslesen konnten.
Woher weiß man, ob man betroffen ist?
Schätzungen zufolge sind in Deutschland in dem Facebook-Fall rund 6 Millionen Menschen betroffen. Die Plattform stellt ein Formular bereit, mit dem Nutzer:innen eine entsprechende Anfrage stellen können. Alternativ können sie gleich den Weg gehen, den laut den Verbraucherzentralen Facebook dann vorschlägt: Auf der Webseite [2][haveibeenpwned.com] lässt sich anhand der eigenen Telefonnummer checken, ob man von einem Datendiebstahl betroffen ist. Der Anbieter weist zwar nur auf den Check mittels E-Mail-Adresse hin, doch die Telefonnummer funktioniert auch. Die Seite gilt als seriös, auch wenn der Anbieter in den USA sitzt. Wichtig: Auch bei älteren oder selten genutzte Adressen sollte man regelmäßig prüfen, ob sie unter gestohlenen Daten auftauchen. Will man für einen regelmäßigen Check lieber einen hiesigen Anbieter verwenden, bietet sich der [3][Identity Leak Checker des Hasso-Plattner-Instituts] an.
Was ist zu tun, wenn die eigenen Daten betroffen sind?
Das Wichtigste: schnell sein. Die Verjährungsfrist bei den meisten Betroffenen des Facebook-Falls läuft Ende dieses Jahres ab. Im ersten Schritt können Betroffene auf eigene Faust das Geld einfordern. Die Stiftung Warentest hat einen Mustertext bereitgestellt unter [4][www.test.de/datenleck-schmerzensgeld]. „Wer ein paar Minuten Zeit und höchstens 7,60 Euro Porto investiert, sichert sich das Recht auf Entschädigung und kann auf Kosten von Facebook-Mutter Meta Anwälte einschalten“, sagt Christoph Herrmann, Jurist bei der Stiftung Warentest. Sollte Meta bis Mitte Dezember nicht reagieren, rät die Organisation dazu, einen Anwalt einzuschalten. Eine Alternative sind Legal-Tech-Anbieter, die erfolgsabhängig arbeiten. Sie konzentrieren sich auf erfolgversprechende Verfahren – die einfach gelagerten Facebook-Fälle dürften darunter fallen. Bekannt ist dieses Vorgehen etwa aus der Durchsetzung von Fluggastrechten. Für die Betroffenen entstehen keine Kosten, aber von der zugesprochenen Schadenersatzsumme behält der Anbieter eine anteilige Provision ein.
Wie viel Geld gibt es?
Bei dem Standardfall – Daten wurden abgegriffen und veröffentlicht, es gibt aber keinen weiteren Hinweis auf eine missbräuchliche Verwendung – hat der BGH eine Summe von 100 Euro in die Diskussion geworfen. Das ist erst einmal nur ein Anhaltspunkt, über die tatsächliche Höhe müssen nun die Vorinstanz und die anderen damit befassten Gerichte entscheiden. Wurden die Daten jedoch missbraucht, etwa für unseriöse Anrufe oder einen Identitätsdiebstahl, wird die Summe höher liegen.
Was heißt das Urteil für Betroffene anderer Datenlecks, etwa beim Streamingdienst Deezer?
Sie dürften künftig bessere Chancen haben, auch wenn sie keinen konkreten Datenmissbrauch nachweisen können. Als einen „sehr guten Tag für den Datenschutz in der EU“ bezeichnete der auf Verbraucherrecht spezialisierte Anwalt Christian Solmecke den Tag der Urteilsverkündung. Die Entscheidung schaffe Rechtssicherheit für Betroffene von Datenlecks oder anderen Datenschutz-Verletzungen.
20 Nov 2024
LINKS
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Zwei Verfahren machen es Nutzer:innen von Facebook und Instagram leichter, gegen deren Datenhunger vorzugehen. Betroffene können auf Geld hoffen.
Facebook hatte vor einigen Jahren persönliche Daten wie Namen und Telefonnummern nicht genug geschützt. Nun startet hierzulande eine Sammelklage.
Lebensmittelhändler versuchen, die Verbraucher mit Rabatten bei der Nutzung ihrer Apps zu ködern. Verbraucherschützer ziehen nun vor Gericht.
Der Bundesgerichtshof hat entschieden: Sechs Millionen Facebook-Nutzer*innen haben Anspruch auf Schadenersatz von rund 100 Euro gegen Facebook.
Der Protest von Verbraucher- und Datenschützer:innen gegen Meta trägt Früchte. Der Konzern muss seine KI-Pläne für Europa vorerst einfrieren.
Datenlecks wie jüngst bei Facebook werden zunehmen. Bedrohlich wird die Sache durch die schiere Masse preisgegebener Informationen.