taz.de -- Leipziger vier Jahre auf der Flucht: Flüchtiger Autonomer Johann G. in Thüringen gefasst
Vier Jahre war der Autonome Johann G. auf der Flucht, nun wurde er gefasst. Er gilt als Kopf der Gruppe um Lina E., die Angriffe auf Neonazis verübte.
Berlin taz | [1][Seit vier Jahren war er untergetaucht] und für die Sicherheitsbehörden der meistgesuchte Linksextremist neben den flüchtigen Ex-RAF-Terroristen Burkhard Garweg, Ernst-Volker Staub und der zuletzt gefassten Daniela Klette: Am Freitag nun wurde nach taz-Informationen in Thüringen [2][Johann G.] von Zielfahndern des sächsischen Landeskriminalamts festgenommen. Nach taz-Informationen erfolgte die Festnahme in einer Regionalbahn nahe Weimar.
Das Verfahren gegen den 31-Jährigen wird von der Bundesanwaltschaft geführt, die zuletzt bis zu 10.000 Euro für Hinweise auf G. ausgelobt hatte. Johann G. gilt den Behörden als Kopf der Gruppe [3][um die bereits verurteilte Leipzigerin Lina E.], seine frühere Verlobte. Die Gruppe soll seit 2018 mehrere schwere Angriffe auf Rechtsextreme verübt haben, zunächst in Sachsen und Thüringen.
Lina E. und drei weitere Linke waren deshalb Ende 2020 festgenommen und im Mai 2023 vor dem Oberlandesgericht Dresden zu [4][Haftstrafen von bis zu gut 5 Jahren verurteilt worden]. Johann G. dagegen war seit 2020 abgetaucht und für die Behörden seitdem nicht mehr zu finden.
Der Leipziger galt den Behörden allerdings früh als Mitanführer der Gruppe. An einem Tatort in Eisenach fanden Ermittler Blutspritzer von ihm. Auch ein Aussteiger aus der Gruppe hatte Johann G. neben Lina E. als Kopf der Gruppe bezeichnet.
Schon zuvor war Johann G. wegen politischer Delikte verurteilt worden und saß dafür in Haft. Nachdem er Anfang 2020 auf Bewährung frei gekommen war, verschwand er.
Auch in Budapest soll er gewesen sein
Auch nach der Festnahme von Lina E. soll sich Johann G. indes an Angriffen auf Rechtsextreme beteiligt haben, etwa im Februar 2023 in Budapest. Dort hatten sich Neonazis zu einem europäischen Großaufmarsch getroffen. [5][Noch vor Ort wurden zwei Autonome aus Berlin festgenommen]. Zehn weitere deutsche Linke waren daraufhin untergetaucht, nach ihnen fahndet die Bundesanwaltschaft und ungarische Behörden seitdem.
Im Dezember 2023 wurde dann in Berlin eine der gesuchten Personen gefasst, Maja T. Die nonbinäre Thüringer*in ist inzwischen nach Budapest ausgeliefert worden. Im Mai folgte die Festnahme von [6][Hanna S. aus Nürnberg], der auch eine Beteiligung an den Angriffen in Budapest vorgeworfen wird. Sie war allerdings nicht untergetaucht und ist inzwischen in München angeklagt.
Nun folgt die Festnahme von Johann G. Das LKA Sachsen und das Bundeskriminalamt hatten zuletzt bundesweit mit Fahndungsplakaten und auch einem Aufruf in der Fernsehsendung „Aktenzeichen XY…ungelöst“ nach dem 31-Jährigen gefahndet. Anfangs hatten ihn Ermittler in Thailand und dem europäischen Ausland vermutet, zumindest zwischenzeitlich aber auch wieder in Deutschland.
Die Festnahme wurde von AfD-Politikern bejubelt, die eine schnelle Anklage und hohe Haftstrafe für G. forderten.
8 Nov 2024
LINKS
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Tobias E. wurde als Mitglied der mutmaßlich kriminellen Vereinigung um Lina E. in Deutschland festgenommen. Seine Anwältin kritisiert die Inhaftierung.
Die Nürnbergerin Hanna S. soll sich an Angriffen auf Neonazis in Budapest beteiligt haben. Ab Februar steht sie in München vor Gericht.
Linken-Abgeordnete besuchen Festgenommene nach Angriffen auf Neonazis in Budapest – und warnen vor Auslieferungen nach Ungarn. Einem Grünen wird ein Haftbesuch in Budapest verwehrt.
Eine Nürnbergerin soll mit Autonomen in Budapest Neonazis überfallen haben. Die nun erhobene Anklage kritisiert ihr Anwalt als „überdreht“.
Wegen Angriff auf Neonazis gesuchte Thüringer Antifaschist*in wird nach Ungarn abgeschoben. Karlsruhe schreitet ein – aber zu spät.
Der Autonome Johann G. soll mit der Leipzigerin Lina E. Neonazis überfallen haben. Nun sucht ihn das BKA mit einer Öffentlichkeitsfahndung.