taz.de -- Linke Berlin einig: Parteivorstand zeigt Einigkeit in Antisemitismus-Streit
Eine Sondersitzung des Landesvorstands beschließt eine Resolution zum Umgang mit Antisemitismus. Die Partei ruft alle Mitglieder zum Bleiben auf.
Berlin taz | Der Landesvorstand der Berliner Linken hat am Dienstagabend ohne Gegenstimmen eine Resolution zur [1][innerparteilichen Debatte um Antisemitismus] gefasst und die Partei zum Zusammenhalt aufgerufen. In dem Papier heißt es: „Wir stehen entschlossen gegen jeden Antisemitismus. Dies ist in der Breite der Partei Konsens.“ Zudem wurde sich darauf geeinigt, ein „konkretes Maßnahmenpaket gegen jeden Antisemitismus“ zu entwickeln, wie es in einer Mitteilung hieß.
Die außerordentliche Sitzung anderthalb Wochen nach dem [2][Eklat auf dem Landesparteitag], den etwa zwei Dutzend Delegierte unter Protest verlassen hatten, war mit Spannung erwartet worden. Insbesondere im Flügel der Reformer um Ex-Landeschef und Kultursenator Klaus Lederer ist der Frust über die Partei groß, nachdem es diverse beantragte und beschlossene Änderungen an einem von ihnen eingebrachten Antrag zum Umgang mit Antisemitismus gab.
Mit Bezug auf die Ereignisse des Parteitages war der Ex-Fraktionschef Udo Wolf Ende vergangener Woche aus der Partei ausgetreten; ihm folgte, weniger auf diese Vorgänge fokussiert, der ehemaligen Pankower Bürgermeister Sören Benn. Parteiintern wurden weitere Austritte befürchtet.
In der Resolution stellte sich der Vorstand der Partei hinter „Genoss:innen, die öffentlich oder intern angefeindet werden“, nachdem zuletzt massive Antisemitismus-Vorwürfe gegen Parteimitglieder laut geworden waren. Gleichzeitig heißt es aber auch: „Unsere Solidarität endet aber dort, wo das Massaker des 7. Oktober als Akt des Widerstandes gefeiert wird oder die Kriegsverbrechen der israelischen Armee bejubelt werden.“
Außerhalb des Konsenses
Für Aufsehen hatte zuletzt ein Tweet des Neuköllner Basismitglieds Ramsy Kilani gesorgt, einem Palästina-Aktivisten des Netzwerks „Palästina spricht“. Dieser hatte am Jahrestag des Hamas-Massakers von „palästinensischen Guerilla-Kämpfern“ und ihrem Ausbruch aus dem „Freiluftgefängnis“ getwittert. Ihm dürften nun Konsequenzen drohen.
Die neue kommissarische Co-Landesgeschäftsführerin Katalin Gennburg sprach am Mittwoch gegenüber der taz von einem „vertrauensvollen, guten inhaltlichen Austausch“; alle Beteiligten seien „zufrieden rausgegangen“. Möglich sei dies „unter dem Eindruck des einenden Bundesparteitages“ gewesen, auf dem die Partei am Wochenende mit breiter Mehrheit ein Statement zu den Themen Nahost und Antisemitismus beschlossen hatte. Öffentliche Kritik an dem Beschluss des Berliner Parteivorstandes gab es bis zum Mittwochmittag nicht.
23 Oct 2024
LINKS
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Die Gruppe Sozialismus von unten um Christine Buchholz verlässt die Linke. Sie solidarisiert sich mit ihrem ausgeschlossenen Mitglied Ramsis Kilani.
Der Vorwurf, die Linke sei antisemitisch, ist haltlos. Mit ihrem Austritt zeigen Lederer und Co. nur, dass sie nicht kompromissfähig sind.
Fünf prominente Mitglieder der Berliner Linken, darunter Ex-Kultursenator Klaus Lederer, verlassen die Partei. Sie machen der Linken schwere Vorwürfe.
Zwei prominenten Austritten aus der Berliner Linken könnten weitere folgen. Der Streit über Antisemitismus droht die Partei zu zerlegen.
Auf ihrem Bundesparteitag in Halle hat sich die Linke nach langem Ringen hinter den Kulissen auf einen Kompromiss im Nahost-Streit verständigt.
Der Eklat auf dem Parteitag der Linken steht nicht für ein Problem mit Antisemitismus. Er ist Ausdruck von Kompromisslosigkeit und einem Machtkampf.