taz.de -- Britischer High Court lässt Berufung zu: Assange-Auslieferung blockiert

Die Auslieferung des Wikileaks-Gründers Julian Assange wegen Spionagevorwürfen ist blockiert. Er darf in Berufung gehen. In den USA drohen ihm harte Strafen.
Bild: Demonstration für Assange, London, 26. März 2024

London dpa/rtr/ap/afp | Der WikiLeaks-Gründer Julian Assange darf gegen einen Beschluss Großbritanniens zu seiner Auslieferung an die USA in Berufung gehen. Das entschied der britische High Court am Dienstag. Dem in London inhaftierten 52-Jährigen droht in den USA eine [1][Verurteilung unter anderem wegen Verrats,] weil seine Enthüllungsplattform vertrauliche Informationen über das Vorgehen des US-Militärs veröffentlichte. Zahlreiche Unterstützer sehen Assange dagegen als Journalisten, der mutmaßliche Kriegsverbrechen aufgedeckt hat.

Zwei Richter in London setzten den Anwälten der US-Regierung eine Frist von drei Wochen, um „auf zufriedenstellende Weise“ zu garantieren, dass Assange bei einem Verfahren in den USA unter dem Schutz der Gesetze zur Meinungsfreiheit stehe und dass ihm nicht die Todesstrafe drohe. Die USA verlangen seit Jahren die Auslieferung des in Großbritannien inhaftierten Australiers und wollen ihm wegen der massenhaften Veröffentlichung geheimer Dokumente auf der Plattform Wikileaks den Prozess machen.

[2][Im Februar hatten die Anwälte Assanges und Washingtons in einer zweitägigen Anhörung vor Gericht ihre Argumente] vorgetragen. Assanges Anwälte hatten von „politischen“ Vorwürfen gesprochen. Ihr Mandant werde für „die übliche journalistische Praxis der Beschaffung und Veröffentlichung von Verschlusssachen“ verfolgt. Die jahrzehntelange Haftstrafe, die Assange möglicherweise in den USA erwartet, sei „unverhältnismäßig“. Die Anwälte der US-Regierung drängten die Richter hingegen, diese Argumente aus verschiedenen rechtlichen Gründen zurückzuweisen.

Assange selbst war damals aus gesundheitlichen Gründen an beiden Tagen weder im Gericht, noch per Video zugeschaltet, wie seine Anwälte erklärten. Seine Frau Stella sagte mit Blick auf Assanges körperlichen wie geistigen Zustand, dass ihrem Mann bei einer Auslieferung in die USA der Tod drohe.

In den USA drohen bis zu 175 Jahre Haft

Assange wird in den USA beschuldigt, ab 2010 rund 700.000 vertrauliche Dokumente über militärische und diplomatische Aktivitäten der USA veröffentlicht zu haben. Sie enthielten brisante Informationen über Kriege vor allem im Irak und in Afghanistan, unter anderem über die Tötung von Zivilisten und die Misshandlung von Gefangenen. Assange drohen bei einem Schuldspruch in den USA bis zu 175 Jahre Haft.

Die US-Regierung erklärte, Assanges Handlungen seien weit über die eines Informationen sammelnden Journalisten hinausgegangen. Sein Versuch, geheime Regierungsdokumente zu beschaffen und wahllos zu veröffentlichen, habe Menschenleben gefährdet. Assange sitzt seit fünf Jahren in einem britischen Hochsicherheitsgefängnis. Zuvor hielt er sich von 2012 bis 2019 in der ecuadorianischen Botschaft in London auf.

26 Mar 2024

LINKS

[1] /Wikileaks-Gruender-Julian-Assange/!5993954
[2] /Wikileaks-und-Informationsfreiheit/!5990070

TAGS

Julian Assange
Schwerpunkt Pressefreiheit
Gericht
Berufung
IG
Julian Assange
Julian Assange
Wikileaks
Julian Assange
Julian Assange
Julian Assange
Schwerpunkt Pressefreiheit

ARTIKEL ZUM THEMA

Strafverfolgung von Wikileaks-Gründer: Ein wenig Hoffnung für Assange

Seit fünf Jahren sitzt Julian Assange in London in Haft. Die USA prüfen nun ein australisches Ersuchen, das die Einstellung der Strafverfolgung fordert.

Neue Entscheidung im Fall Julian Assange: Jeder Tag kostet Glaubwürdigkeit

Der WikiLeaks-Gründer darf gegen seine Auslieferung Berufung einlegen. Das ist ein kleiner Erfolg, das Verfahren selbst jedoch eine große Schande.

Pressefreiheit bedroht: Für oder gegen die Macht?

Wikileaks, FragDenStaat, Correctiv: Der Staat rückt der Freiheit auf die Pelle. Doch die, die sie verteidigen sollen, fördern oft den autoritären Turn.

Wikileaks-Gründer Julian Assange: Nächste Station Straßburg?

Im Prozess um die Auslieferung Assanges an die USA erwog die Verteidigung den Gang zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.

Prozess um Wikileaks-Gründer: Assanges letzte Chance in London

Die Anwälte des Wikileaks-Gründers Julian Assange wehren sich im entscheidenden Berufungsverfahren gegen seine Auslieferung an die USA.

Wikileaks und Informationsfreiheit: Assanges letzter Rechtsweg?

Ein Gericht soll entscheiden, ob Julian Assange ein Recht auf Berufung hat. Seine Frau erhebt erneut schwere Vorwürfe gegen die CIA.

Annalena Baerbock und Julian Assange: Unbefriedigende elf Seiten

Im Wahlkampf setzte sich die Grüne Baerbock für Julian Assange ein. Als Außenministerin tut sie zu wenig für den inhaftierten Journalisten.