taz.de -- Politik in Frankreich: Regierung rückt nach rechts
Attals neues Team bleibt enttäuschend glanzlos. Macron besetzt Posten mit Gesichtern aus der zweiten Reihe. Neue Impulse sind nicht zu erwarten.
Alle warten im Saal gespannt, der Magier spricht seine Zauberformel, er dreht mit einer eleganten Geste den Zylinderhut … und nichts ist drin. Der Trick mit dem Kaninchen hat nicht geklappt. So in etwa könnte man den Effekt der Regierungsbildung in Paris beschreiben. Von [1][Emmanuel Macrons] anfänglicher Magie, mit der er seine Landsleute zu bezaubern verstand, ist nichts mehr übrig.
Die sonst so wirksamen Ablenkungsmanöver, wie namentlich eine mit Pathos lange im Voraus angekündigte Neuzusammensetzung der Regierung, funktionieren so gut wie gar nicht mehr. Statt hoffnungsfrohe Erwartung zu schaffen, bringt das dem Staatspräsidenten nur resignierte oder verärgerte Kommentare ein.
Das Staunen über die als politische Kühnheit verkaufte Ernennung eines erst 34-jährigen Premierministers, Gabriel Attal, der zu seiner Homosexualität steht, war bereits verpufft, als nun fast einen Monat später endlich das Ministerkabinett komplettiert wurde. Noch dazu hat ein anderer dem Staatschef und dem Premier die Show gestohlen: der Zentrumsdemokrat [2][François Bayrou], der zunächst den Medien sein Comeback verkündete, um einen Tag später den beiden mit einer scharfen Kritik einen Korb zu geben.
Völlig glanzlos wurde dann Attals Team mit internen Rochaden und mit Leuten von der Ersatzbank ergänzt. Keine und keiner von ihnen verspricht neue Impulse. Es sind [3][politisch loyale Regierungsmitglieder], Macron wollte keine Risiken mehr eingehen. Amélie Oudéa-Castéra, die als Sportministerin für ihn die Olympischen Spiele organisiert, hatte sich als Bildungsministerin in kürzester Zeit diskreditiert und musste durch die frühere Justizministerin Nicole Belloubet ersetzt werden.
Mehr denn je stellt sich die Frage, was eigentlich der „Macronismus“ sein könnte. Seine Personenwahl bestätigt auch, dass Macrons Regierung politisch immer mehr nach rechts rückt. Wie damit der vorrückenden extremen Rechten Einhalt geboten werden soll, ist ein Rätsel. Genau das aber müsste in der verbleibenden Zeit bis zu den nächsten Präsidentschafts- und Parlamentswahlen Priorität haben.
11 Feb 2024
LINKS
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Ein Franzose bosnischer Herkunft tötet einen Muslim aus Mali in einer Moschee. Er spricht von „Scheiß-Allah“ und verbreitet das Video im Internet.
Österreich, Niederlande, Griechenland, Italien: Fast überall in der EU erhält die extreme Rechte Aufwind. Das wird auch die Europawahlen beeinflussen.
Auf Mayotte soll das Einbürgerungsrecht geändert werden. Statt des Geburtsorts soll die Abstammung zählen – um so Migration zu verhindern.
Die Liste der französischen Minister*innen ist öffentlich. Dass das gedauert hat, deutet auf mühsame Verhandlungen hin. Einige Namen überraschen.
Macron behält bekannte Gesichter in den Schlüsselministerien. Die Überraschung: Ex-Justizministerin Rachida Dati wird Kulturministerin.
Nach Tagen der Spekulation tauscht Präsident Macron nun Premierministerin Élisabeth Borne aus. Wer ihr nachfolgt, soll am Dienstag bekannt gegeben werden.