taz.de -- Mehr als 400 Waldbrände in Kanada: US-Ostküste atmet langsam auf

Nach drei Tagen verzieht sich in den USA langsam der Qualm der Waldbrände aus Kanada. Allerdings ist die Bedrohung längst nicht beseitigt.
Bild: New York, 7. Juni: wegen schlechter Luftqualität tragen Menschen Atemschutzmasken

Washington taz | Nach drei Tagen, in denen [1][dicker Rauch sowohl das Atmen als auch die Sicht entlang der US-Ostküste beeinträchtigte], können Millionen von Menschen langsam wieder aufatmen. Zwar gilt die Luftqualität auch am Freitag in vielen nordöstlichen Regionen des Landes noch immer als gesundheitlich bedenklich, doch dies ist eine deutliche Verbesserung gegenüber den vergangenen Tagen.

In der US-Hauptstadt freuten sich die Bewohner am Freitagmorgen über blauen Himmel. Das US-Kapitol und das Washington Monument strahlten wieder in ihrer vollen Pracht. Vorbei die Zeit, in der beide in einem Schleiher aus dickem Rauch gehüllt waren.

Ein Tiefdruckgebiet, welches über dem Nordosten der USA verharrte und den Rauch von Waldbränden aus Kanada die USA brachte, wird sich wohl am Wochenende Richtung Atlantik verabschieden. Dieses soll laut Meteorologen auch die letzten verbleibenden Rauchpartikel aus der Luft vertreiben.

Trotz der positiven Wettervorhersage müssen sich die Bewohner der US-Ostküstenmetropolen jedoch darauf einstellen, dass Wetterereignisse wie in dieser Woche in Zukunft öfter auftreten dürften. Dies liege vor allem am [2][Klimawandel und der dadurch erhöhten Waldbrandgefahr], sagt Justin Mankin, Geografieprofessor und Klimawissenschaftler am Dartmouth College.

Jährlich Schaden in Milliardenhöhe

„Es ist etwas, das wir im Osten des Landes viel ernster nehmen müssen“, sagte er im Gespräch mit der Associated Press.Waldbrände gehören in westlichen Regionen der USA und Kanadas mittlerweile zum Alltag. Jahr um Jahr brennen dort Millionen von Quadratkilometern an Waldgebiet. Diese Brände verursachen jährlich einen Schaden in Milliardenhöhe. Leider sterben auch immer wieder Menschen in diesen Feuern.

Eine im Mai veröffentlichte Studie der Vereinigung von besorgten Wissenschaftlern ([3][Union of Concerned Scientists]) beschreibt einen [4][direkten Zusammenhang zwischen Waldbränden und Erzeugern von fossilen Brennstoffen]. Laut dieser Untersuchung können mehr als ein Drittel aller Waldbrände im Westen der USA und im Südwesten Kanadas seit 1986 auf die Emissionen der 88 weltweit größten fossilen Energieerzeuger sowie Zementfabriken zurückgeführt werden.

„Ich glaube, es ist wichtig, die treibenden Faktoren zu untersuchen und zu verstehen, welche Rolle die fossilen Energieerzeuger hierbei spielen“, sagt Carly Phillips, Co-Autorin der Studie, im Gespräch mit der taz.

New York hatte in dieser Woche aufgrund der Rauchwolken aus Kanada laut einer Messung des Schweizer Technologieunternehmens IQAir die schlechteste Luftqualität weltweit. Vor allem Menschen mit Asthma-Problemen hatten unter diesen Bedingungen zu kämpfen, doch auch gesunde Personen litten an gereizten Augen und einem kratzenden Hals. Der Flugverkehr wurde genauso beeinträchtigt wie Sportveranstaltungen und Schulaktivitäten.

Vor dem eigentlichen Hoch der Waldbrandsaison

Und das alles noch vor dem eigentlichen Hoch der Waldbrandsaison. Dass Kanada schon jetzt, Anfang Juni, mehr als 400 Waldbrände zählt, ist ungewöhnlich. Das Land tut sich schwer, die Brände, welche oft in sehr abgelegenen und isolierten Gegenden wüten, unter Kontrolle zu bringen.

Premierminister Justin Trudeau beschreibt die Situation schon jetzt als die „schlimmste Waldbrandsaison“ in der Geschichte des Landes. Feuerwehrleute aus Neuseeland, Australien, Südafrika, Frankreich und den USA helfen den Kanadiern bereits beim Kampf gegen die Brände.

9 Jun 2023

LINKS

[1] /Waldbraende-in-Kanada/!5939411
[2] /Brennende-Waelder-auf-der-Nordhalbkugel/!5938221
[3] https://www.ucsusa.org/
[4] /Waldbraende-befeuern-Klimakrise/!5936369

AUTOREN

Hansjürgen Mai

TAGS

Schwerpunkt Klimawandel
Waldbrände
Kanada
Klima
Griechenland
Waldbrände
USA
CO2-Emissionen
Hitzewelle
Schwerpunkt Klimawandel

ARTIKEL ZUM THEMA

Waldbrände in Griechenland: Urlaubsinsel Rhodos brennt

Es ist die größte Evakuierung in der Geschichte Griechenlands. Hotels sind abgebrannt, Menschen mussten fliehen. Die Feuer auf Rhodos bleiben unkontrolliert.

Waldbrände in Berlin-Brandenburg: Wassersparendes Löschen

Waldbrandexperten fordern angepasste Strategien zur Bekämpfung von Feuern. Der viel beschworene Waldumbau geht dagegen nur langsam voran.

Früherer US-Präsident weist Vorwürfe ab: „Geistesgestörter Ermittler“

Ex-Präsident Trump gibt sich unbeugsam, obwohl er wegen seines Umgangs mit Geheimdokumenten angeklagt wrid, die in seinem Anwesen gefunden wurden.

Waldbrände befeuern Klimakrise: Unsere Betten brennen

Häufende Waldbrände sind ein Alarmzeichen. Es gibt Warnung, dass sie die Erde weiter aufheizen – unwiderruflich, wenn wir nicht gegensteuern.

Klimakonferenz in Bonn: Die Hütte brennt

Bei der Klimakonferenz geht es vor allem um technische Details in Sachen Klimapolitik. Die Waldbrände in Kanada sind nur am Rande Thema.

Waldbrände in Kanada: New Smog City

Teile der USA ersticken im Rauch, der von über 1.000 Meilen entfernten Waldbränden kommt. Bewohner berichten von einer apokalyptischen Stimmung.