taz.de -- Finale in der Fußball-Bundesliga: Sch… FC Bayern!

Der FC Bayern wird deutscher Meister und schmeißt sein Management raus. Grund genug über alles andere zu reden als diesen Hort der Niedertracht.
Bild: Letzter Gruß an die Südtribüne: Vizemeister Borussia Dortmund verabschiedet sich aus der Saison

Reden wir über Jamal Musiala, diesen jungen Burschen, der die deutsche Meisterschaft mit seinem Tor für den FC Bayern kurz vor Schluss entschieden hat. Dieser junge Kerl, der so viel kann, möge die schönste Party seines Lebens feiern. Er möge all die Last abwerfen, die er als Hoffnungsträger des deutschen Fußballs bei der WM in Katar inmitten von überforderten und überschätzten Kollegen und in Begleitung von hochnäsigen Funktionären beinahe alleine zu tragen hatte.

Er möge die Lust am Zaubern mit dem Ball wiederfinden, die ihm abhandengekommen schien in den vergangenen Wochen, wo beim FC Bayern München viel über die Zukunft des Klubs und wenig über Fußball gesprochen wurde. Reden wir nicht über den FC Bayern, diesen Hort der Niedertracht, [1][der am Samstag, den 11. Meistertitel in Serie gewonnen hat].

Reden wir über den Fußball, der immer noch die Macht hat, ein ganzes Land zu emotionalisieren. Was war das für ein irrer 34. Spieltag, an dem Borussia Dortmund plötzlich nicht mehr geschafft hat, was in elf Heimspielen zuvor so selbstverständlich schien. Plötzlich konnte der BVB nicht mehr gewinnen, konnte nicht mehr, wie er wollte.

Es ging ja nicht nur um die Meisterschaft im deutschen Männerfußball, es ging darum, einen ganzen Wettbewerb zu retten. Ihm die Illusion zurückzugeben, dass zu Saisonbeginn eben noch nicht feststeht, dass Bayern München Meister, so wie es immer war in den vergangenen Jahren. Und dann waren da die Erwartungen der Anhänger der schwarz-gelben Religion im Ruhrgebiet, die das Feiern vielleicht viel zu früh begonnen haben.

Die Kraft des Fußballs

[2][Dortmund ist als Tabellenführer in den letzten Spieltag gegangen] und ist zerbrochen. Das 2:2 gegen Mainz hat nicht gereicht. Es war ein trauriger Kampf, der tränenreich endete, der auch deshalb so aufregend war, weil mit dem 1. FC Köln eine Mannschaft, für die es um nichts mehr ging, einfach mitgespielt hat mit dem FC Bayern, zwischenzeitlich den Ausgleich geschossen hat, Dortmund für ein paar Minuten zum Meister gemacht hat.

Der Fußball hat es nicht verdient, dass nun nur über den FC Bayern gesprochen wird, der am Tag der Meisterschaft seine zwei Spitzenmanager Oliver Kahn und Hasan Salihamidzic rausgeschmissen hat, um der Welt zu zeigen, dass man im Klub mehr erwartet von den Bayern als nur den Titel. Dass es nicht passieren darf, dass eine Meisterschaft spannend ist bis zur letzten Minute.

Reden wir über die Tränen von Edin Terzic, den Trainer von Borussia Dortmund. Über die Größe dieses jungen Fußballfachmanns, den Bayern zum Titel zu gratulieren und dabei festzustellen, dass die Meisterschaft verdient hat, wer nach 34 Tagen ganz oben steht. Als er sagte, er habe es schier nicht ausgehalten mitanzusehen, wie seine Spieler in der Kabine geweint haben, als er meinte, das alles fühle sich irgendwie unfair an, man hätte ihn am liebsten in den Arm genommen.

Vergessen wir Thomas Tuchel für einen Moment. Den Mann, der sich jetzt Meistertrainer nennen darf und dessen Installierung so [3][mindestens ebenso mies] war wie der Rauswurf des Managements am Tag des Titelgewinns, mochte niemand so recht drücken am Tag seines größten Erfolgs im deutschen Fußball.

Tränen auf der Tribüne

Reden wir von den Fans des BVB, die ihr gescheitertes Team mit Tränen des Entsetzens in den Augen noch einmal gefeiert haben. Mögen die traurigen Spieler Trost finden bei ihren Anhängern, die noch lange brauchen werden, um zu verdauen, was der Fußball an diesem Tag mit ihnen gemacht hat. Verneigen wir uns vor der Südtribüne, weinen wir ein wenig mit!

Vergessen wir dagegen die Nachrichten aus Köln von den Minuten nach dem Abpfiff, in der der Mannschaft verkündet wurde, dass ihre Chefs entlassen wurden und dass sie gefälligst nicht mit der Presse darüber reden sollen. Vergessen wir die Lügenshow des FC Bayern, der in die Welt gestreut hat, dass Vorstandschef Oliver Kahn wegen einer Sommergrippe nicht zum Meisterschaftsfinale nach Köln gereist ist, dabei hatte man ihm einfach gesagt, dass er nicht kommen darf.

Reden wird auch über die Fans des FC Schalke 04, die ihre Mannschaft mit Applaus in die zweite Liga geschickt haben. Feiern wir mit denen aus dem Osten, mit Union Berlin die Qualifikation für die Champions League und reden wir ruhig mit schwülstigen Worten vom Wunder von der Alten Försterei.

Freuen wir uns, dass der korrekte SC Freiburg auch in der kommenden Saison in der Europa League spielen darf. Und darüber, dass in der Bundesliga mehr Leben steckt, als es die vielen Plastik- und Werksklubs, die sich da tummeln, vermuten lassen. Danken wir dem Fußball und vergessen wir dieses kaputte Gebilde FC Bayern München. Diesen Klub hat der Fußball nicht verdient.

28 May 2023

LINKS

[1] /Rueckblick-auf-die-Bundesligasaison/!5934371
[2] /Entscheidung-in-der-Bundesliga/!5934379
[3] /Trainerwechsel-bei-Bayern-Muenchen/!5921315

AUTOREN

Andreas Rüttenauer

TAGS

Kolumne Press-Schlag
Fußball
Borussia Dortmund
FC Bayern München
GNS
FC Bayern München
Kolumne Press-Schlag
Saarbrücken
Union Berlin
Kolumne Press-Schlag
GNS
Wochenkommentar
Eishockey-WM
FC Bayern München
FC Bayern München
FC Bayern München
FC Bayern München

ARTIKEL ZUM THEMA

Wiederauferstehung des FC Bayern München: Mia san fast wieder mia

Vincent Kompany hat den FC Bayern zu einer unerwartet überzeugenden Meisterschaft geführt. Aber der Jubel hält sich in Grenzen.

Labile Dortmunder: Fataler Irrglauben

Die erneute Schwäche von Borussia Dortmund steht pars pro toto für einen strukturellen Malus in der Fußball-Bundesliga.

Pokal-Aus des FC Bayern: Kleinbürgerliche Häme

Die Schadenfreude über die Bayern-Niederlage ist oberflächlich. Denn es sind gerade die kleinen Überraschungen, die die Bayern-Diktatur stabil halten.

Union Berlin spielt im Olympiastadion: Fernbeziehung nach Charlottenburg

Union will zur Champions League ins Olympiastadion. Die Fans diskutieren kontrovers über den Umzug.

FC Bayern wirbt nicht mehr für Katar: Eine Bilderbruchlandung

Der FC Bayern München beendet die Partnerschaft mit seinem Ärmelsponsor aus Katar. Das hat mit den Fans zu tun. Ein Haltung zeigt der Klub aber nicht.

Neuer Trainer von Eintracht Frankfurt: Bye-bye, Bayern!

Dino Toppmöller ist neuer Trainer von Eintracht Frankfurt. Der ehemalige Co-Trainer des FC Bayern hat einen Vertrag bis 2026 unterschrieben.

Union Berlin in der Champions League: Eiserne Gewinner mit Bodenhaftung

Bei Union gibt es nichts zu meckern: Die Köpenicker machen einfach all das richtig, was bei der Hertha in den vergangenen Jahren falsch gelaufen ist.

Denkwürdiges Sport-Wochenende: Monopolismus macht dumm

Sport bleibt ergebnisoffen, trotz des FC Bayern. Dessen alte Garde tritt rund um die Meisterfeierlichkeiten unglaublich unsouverän auf.

Chaos beim FC Bayern: Die Meister mit Kratzer und Dellen

Der FC Bayern hat es geschafft, seine eigene Meisterfeier zu ruinieren. Der neue Klubchef Dreesen will deshalb erstmal das Grundlegendste angehen.

Rückblick auf die Bundesligasaison: Krass, krasser, der krasseste Kick

Eine Saison der Superlative geht zu Ende mit einem engen Titelrennen und tragischen Abstürzen.

Entscheidung in der Bundesliga: Das ultimative Kacktor

Unser Autor ist Bayern-Fan. Er findet es dennoch nicht schlimm, dass Borussia Dortmund in dieser Saison wohl Meister wird.

Trainerwechsel bei Bayern München: Mies san mir

Der FC Bayern entlässt nach dem Absturz auf Platz zwei den Cheftrainer und verpflichtet Thomas Tuchel. Der Rekordmeister macht seinem Ruf alle Ehre.