taz.de -- Lektionen der Woche: Linke Tiere, rechte Trolle

Die AfD darf braun sein, die Gewerkschaft legt Deutschland lahm und Utrecht kokst mehr als Berlin. 5 Dinge, die wir diese Woche gelernt haben.
Bild: Ministerpräsident Bodo Ramelow verabschiedete sich in einem Blogpost von seinem Hund „Attila“

1 Von der taz lernen heißt siegen lernen

Wir tun es schon seit Jahren: In taz-Grafiken zu Wahlumfragen und -ergebnissen die Balken der AfD braun zeigen. Im vergangenen Herbst machte das auch – ausgerechnet – die CSU: In einem Facebook-Post wurde der AfD-Balken braun. Der AfD-Abgeordnete Ralf Stadler stellte Strafantrag, er sah sich und alle AfD-Wähler in der Ehre verletzt und „pauschal beleidigt und verleumdet“. Die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren nun ein. Die Wählerschaft sei „keine abgrenzbare, beleidigungsfähige Personenmehrheit“. Kann man anders sehen, aber wichtig ist ja, was hinten rauskommt.

2 Monster sind relativ

Am Montag wollen Verdi und die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft [1][Deutschland stilllegen]. Bestreikt werden sollen Flughäfen, die Bahn, Autobahnen und die Schifffahrt. Vom „Monsterstreik“ schreibt der Boulevard. Franzosen lächeln darüber müde. Dort heißt es Generalstreik. Millionen gehen seit Wochen [2][auf die Straße] gegen die geplante Rentenreform. Autos brennen, der Müll bleibt liegen, Schulen sind geschlossen und Raffinerien blockiert.

3 Es wird mehr gekokst

In Deutschland wird immer mehr gekokst, am meisten in Berlin. Das geht aus den Ergebnissen der [3][jährlichen Abwasseranalyse der EU-Drogenbehörde] hervor. Demnach verdreifachten sich die Kokainspuren im Abwasser Berlins von 2015 bis 2022. Mag Berlin Europas Partyhauptstadt sein, Drogenhauptstadt ist sie nicht. Bei fast allen Drogen liegen Städte wie Antwerpen, Lissabon und selbst das langweilige Utrecht mit großem Abstand vor Berlin.

4 Abschiede können schön sein

Zwei Eilmeldungen am Mittwochvormittag verkündeten die Karriereenden von Giganten. Erst: „ESC-Kommentator Peter Urban hört auf“. Dann: „Mesut Özil beendet seine Karriere“. Um keinen der beiden werden wir lange trauern. Der eine glänzte abseits des Spielfelds mit Nähe zu unangenehmen Staatschefs, der andere mit uninspirierten Kommentaren zum Fremdschämen.

5 Hunde verbinden

Thüringens „First Dog“ Attila ist tot. Ministerpräsident Bodo Ramelow verabschiedete sich [4][in einem Blogpost] von seinem Hund. Er beschreibt, wie Attila ihm die Show stahl, bei Pressekonferenzen oder Staatsbesuchen, und erzählt von Attilas Vorliebe für tote Tiere und seiner Abneigung gegen Bioleckerlis. Bei Twitter liefen Beileidsbekundungen ein, über Parteigrenzen hinweg. Mario Voigt, CDU-Fraktionschef in Thüringen, schrieb: „Politisch trennt uns viel. Was uns verbindet – ist die Liebe zum tierischen Freund.“ Es braucht erst einen toten Hund, um der Linken wieder mit ein wenig Sympathie zu begegnen.

25 Mar 2023

LINKS

[1] /Streik-im-Nah--und-Fernverkehr-am-Montag/!5920486
[2] /Massenproteste-in-Frankreich/!5920477
[3] https://www.emcdda.europa.eu/emcdda-home-page_en
[4] https://www.bodo-ramelow.de/2023/03/ode-an-unseren-treuen-attila/

AUTOREN

Paul Wrusch

TAGS

Schwerpunkt AfD
Kokain
Bodo Ramelow
Generalstreik
wochentaz
Beyoncé
Mesut Özil
Schwerpunkt Emmanuel Macron
Cannabis

ARTIKEL ZUM THEMA

Lektionen der Woche: Besserer ÖPNV dank Beyoncé

Der Bund subventioniert eine Chipfabrik in Dresden und die Polizei NRW verfällt dem Preppertum. 5 Dinge, die wir diese Woche gelernt haben.

Mesut Özil beendet Fußballkarriere: Der Verkomplizierer

Fußball-Weltmeister Mesut Özil hat seine Karriere beendet. Er machte die Dinge, die man so gern einfach haben will, komplizierter – nicht nur im Fußball.

Massenproteste in Frankreich: Hunderttausende auf den Straßen

Demonstrierende in Frankreich legen die Hauptstadt lahm. Die Proteste sind noch größer als zuvor und schlagen teilweise in Gewalt um.

Anwalt über Cannabis: „Ist das System dann gut?“

Der Strafverteidiger Oliver Rabbat vertritt Cannabiskonsumierende. Er kritisiert, dass in Deutschland bei Suchtmitteln mit zweierlei Maß gemessen wird.