taz.de -- Antwort auf Kritik des grünen Ministers: „Letzte Generation“ gegen Habeck
Fortschritt wird durch Druck von der Straße erkämpft, so die Aktivisten. Der Wirtschaftsminister hatte ihre Proteste als nicht hilfreich bezeichnet.
Berlin taz | Die Protestbewegung „[1][Letzte Generation]“ hat die Kritik von Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) an ihren Aktionen zurückgewiesen. „Friedlicher ziviler Widerstand, wie wir ihn praktizieren, ist ur-demokratisch!“, schrieb Karim Dillhöfer, Sprecher der Gruppe, am Donnerstag der taz. Zum Beispiel das Frauenwahlrecht, Arbeitnehmer*Innenrechte und der Fall des DDR-Regimes seien nicht erkämpft worden, „indem Menschen brav gewartet haben, bis sich Repräsentanten in Hinterzimmern endlich auf die richtigen Gesetze einigen“.
„Wenn wir als Gesellschaft die Klimakatastrophe abwenden wollen, brauchen wir den Druck von der Straße, von Fridays for Future genauso wie von der Letzten Generation“, ergänzte Dillhöfer. Es gebe Mehrheiten in der Gesellschaft für „entschlossenen Klimaschutz“ und erste Schritte wie ein Tempolimit von 100 Kilometer pro Stunde und die Wiedereinführung des 9-Euro-Tickets.
Habeck hatte in der Zeitschrift Stern über die Letzte Generation gesprochen. „Ich verstehe natürlich deren Frust, Zorn, auch die existenzielle Angst“, sagte er in dem Interview. „Aber am Ende braucht ein politisches Ziel in einer Demokratie eine Mehrheit. Und dabei helfen Protestformen, die verärgern, nicht wirklich.“
Die Tabubrüche der Gruppe „Fridays for Future“ seien so klug dosiert gewesen, dass sich sehr viele Menschen dahinter versammeln konnten, fügte der Minister hinzu. „Sie haben nichts zerstört oder beschmutzt.“ Dies sei der große Unterschied zur „Letzten Generation“. „Hier erleben wir eine Radikalisierung der Wenigen. Das ist schlecht“, sagte Habeck. „Wer Klimapolitik aus einer Minderheitenposition heraus betreiben muss, hat schon verloren.“
Habeck: „Antwort ist das konkrete Tun“
Der Grünen-Politiker räumte ein, dass Deutschland genau wie der Rest der Welt beim Klimaschutz „Jahre zu spät“ dran sei. „Ja, es wird verdammt schwierig“, sagte er. Die Aufgabe sei „immens“. „Aber die Antwort darauf ist das konkrete Tun.“
In den vergangenen Wochen hatte vor allem die Klimaprotestgruppe „Letzte Generation“ durch Blockaden im Straßenverkehr, aber auch durch Angriffe auf Kunstwerke in Museen auf sich aufmerksam gemacht und eine Debatte über den Sinn solcher Aktionen losgetreten. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte sich kritisch über die Aktionen geäußert. (mit afp)
1 Dec 2022
LINKS
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
In Südafrika hat sich der deutsche Wirtschaftsminister für mehr Klimainvestitionen ausgesprochen. Erste Umbauten von Kohle auf Solar haben begonnen.
Trotz Geldstrafen, Gefängnis und Kritik: Aktivist:innen der Letzten Generation sind mit Protesten in München und Berlin in die Woche gestartet.
Die Klimaaktivist*innen kündigen erneute Blockaden ab der kommenden Woche an. Diese würden auch über die Feiertage und 2023 fortgesetzt.
In München stehen Klimaaktivisten vor Gericht. Der Richter teilt ihre Motive, verurteilt die Straßenblockierer aber trotzdem.
Der Linken-Politiker und Rechtsanwalt hat einen der angeklagten Aktivisten vor Gericht vertreten. Vorerst war er dabei erfolglos.
Die Innenminister:innen machen die „Letzte Generation“ zum Thema ihrer Konferenz – und prüfen, ob sie ihre Polizeigesetze verschärfen.