taz.de -- +++ Nachrichten zum Ukrainekrieg +++: Baerbock wirft Putin Vernichtung vor

Außenministerin Baerbock kritisiert Wladimir Putin scharf. Die Ukraine meldet, dass 15 Menschen bei einem russischem Angriff auf ein Wohnhaus getötet wurden.
Bild: Annalena Baerbock wirft Wladimir Putin absichtliche Vernichtung vor

Baerbock über Putin: Es geht ihm um Vernichtung

Außenministerin Annalena Baerbock hat den russischen Präsidenten Wladimir Putin angesichts der vielen Kinder unter den Opfern im Krieg in der Ukraine scharf kritisiert. In einem Interview mit dem „Spiegel“ bezeichnete sie es als einen der „schlimmsten Momente“ ihrer bisherigen Amtszeit, als sie bei einem Besuch in der Ukraine Fotos erschossener Kinder gesehen habe. „Das sagt alles darüber, dass man mit diesem Putin derzeit nicht verhandeln kann“, sagte die Grünen-Politikerin. „Es geht ihm um Vernichtung. Selbst von Kindern.“

Gute Außenpolitik bedeute, einen kühlen Kopf zu bewahren, „auch wenn das Herz brennt“. „Ertragen zu müssen, dass man nichts tun kann – das ist manchmal auch die Brutalität von Außenpolitik.“ Sie hätte demnach gerne versprochen, dass „wir humanitäre Korridore aus den umkämpften Gebieten in der Ukraine garantieren“. Ein solches Versprechen hätte aber militärisch abgesichert werden müssen. (dpa)

Ukrainischer Präsident beruft Botschafter Melnyk ab

Als ukrainischer Botschafter in Deutschland sorgte er immer wieder mit heftiger Kritik an der Bundesregierung für Wirbel – nun wird [1][Andrij Melnyk ausgetauscht]. Staatschef Wolodimir Selenski unterzeichnete am Samstag ein Dekret, mit dem er den 46-Jährigen und einige weitere ukrainische Botschafter abberief. Gründe dafür wurden nicht genannt; zuletzt hatte Melnyk auch in Kiew Irritationen mit Äußerungen über den umstrittenen ukrainischen Nationalistenführer Stepan Bandera ausgelöst.

Neben Melnyk berief Staatschef Selenski die Botschafter in Tschechien, Norwegen, Ungarn, Indien, Nepal, den Malediven, Sri Lanka und Bangladesch ab. Es handele sich um eine „simple Rotation, wie es üblich ist“, versicherte Selenski. (afp)

Russland: 100 getötete ukrainische Soldaten

Bei einem Angriff auf die ostukrainische Stadt Slowjansk haben russische Truppen nach eigenen Angaben bis zu Hundert gegnerische Soldaten getötet. Bei dem Raketenbeschuss einer Keramikfabrik, die einer ukrainischen Artillereinheit als temporärer Standort und Munitionsdepot gedient habe, seien zudem mehr als Tausend Granaten für US-Haubitzen vom Typ M-777 zerstört worden, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau am Sonntag mit. Demnach wurden außerdem 700 Granaten für den Mehrfachraketenwerfer Grad zerstört. Die Angaben konnten nicht unabhängig überprüft werden. (dpa)

Mindestens 15 Tote bei russischem Angriff auf Wohnhaus

Bei einem russischen Raketenangriff auf ein Wohngebäude im ostukrainischen Tschassiw Jar sind am Sonntag nach ukrainischen Angaben mindestens 15 Menschen getötet worden. 24 Menschen seien noch unter den Trümmern des vierstöckigen Gebäudes verschüttet, teilte der örtliche Rettungsdienst im Online-Netzwerk Facebook mit. Zu drei von ihnen hätten die Rettungskräfte bislang einen Kontakt herstellen können. Fünf Menschen konnten den Angaben zufolge lebend geborgen werden.

Zunächst hatte der Gouverneur [2][der ostukrainischen Region Donezk], Pawlo Kyrylenko, erklärt, bei dem russischen Angriff seien mindestens sechs Menschen getötet und fünf weitere verletzt worden. (afp)

Kanada will Nord Stream 1-Turbine liefern

Die kanadische Regierung will die Lieferung der gewarteten russischen Nord Stream 1-Turbine nach Deutschland ermöglichen. Dazu werde Kanada „eine zeitlich begrenzte und widerrufbare Erlaubnis“ an Siemens Canada geben, sagte der für Bodenschätze zuständige Minister Jonathan Wilkinson am Samstag in einer Stellungnahme. Ohne die nötige Gasversorgung würde die deutsche Wirtschaft sehr leiden und die Deutschen wären möglicherweise nicht in der Lage, im Winter ihre Wohnungen zu heizen. Man wolle dafür sorgen, dass Europa „Zugang zu zuverlässiger und erschwinglicher Energie“ habe, während es sich langsam von russischem Öl und Gas löse.

Der russische Energiekonzern Gazprom hatte Mitte Juni seine Gaslieferungen nach Deutschland [3][durch die Ostseepipeline Nord Stream 1 reduziert] und auf Verzögerungen bei der Reparatur von Gasverdichtern verwiesen. Der Energietechnikkonzern Siemens Energy hatte daraufhin mitgeteilt, dass eine in Kanada überholte Gasturbine aufgrund der Russland-Sanktionen derzeit nicht aus Montréal zurückgeliefert werden könne. Nun will Kanada die Turbine erst nach Deutschland schicken lassen, statt direkt nach Russland.

Die Ausnahme von den Sanktionen begründete Wilkinson damit, dass der russische Präsident Wladimir Putin versuche, die Alliierten gegen Russlands Angriffskrieg in der Ukraine mit seiner Energiepolitik zu spalten. Die zuletzt wichtigste Verbindung für russisches Erdgas nach Deutschland wird am Montagmorgen abgeschaltet. Grund sind jährlich wiederkehrende Wartungsarbeiten. (dpa)

Kiew: Seitenkanal zur Donau frei

Nach Abzug russischer Soldaten von der ukrainischen Schlangeninsel im Schwarzen Meer ist nach Angaben aus Kiew wieder ein Gütertransport durch einen Seitenkanal zur Donau möglich. Die Schifffahrt südwestlich von Odessa werde fortgesetzt, teilte die ukrainische Hafenbehörde mit. Angesichts der Befreiung der Schlangeninsel und einer Vielzahl von Schiffen, die auf eine Durchfahrt warten, sei die Passage frei, hieß es.

Neben drei ukrainischen Donauhäfen arbeiten ein Hafen der Republik Moldau und zwei rumänische Häfen unmittelbar an der Donau-Mündung. Von den an den Seitenkanal angrenzenden Donauinseln waren die russischen Soldaten auf der Schlangeninsel von der ukrainischen Armee wiederholt unter Feuer genommen worden. (dpa)

10 Jul 2022

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