taz.de -- Pkw-Maut-Desaster der CSU: Nachspiel für Scheuer

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Ex-Verkehrsminister. Er soll im Untersuchungsausschuss zur Pkw-Maut falsch ausgesagt haben.
Bild: Verdachts der falschen uneidlichen Aussage: Gegen Andreas Scheuer wird ermittelt

Berlin taz | Das Desaster um die gescheiterte Pkw-Maut für Ausländer:innen holt den früheren Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) ein: Die Berliner Staatsanwaltschaft hat gegen ihn und seinen ehemaligen Staatssekretär Gerhard Schulz „wegen des Verdachts der falschen uneidlichen Aussage“ Ermittlungen eingeleitet, wie die Behörde am Dienstag mitteilte.

Es geht um Angaben gegenüber dem Untersuchungsausschuss des Bundestags, der in dem Fall Aufklärung schaffen sollte. Für die Staatsanwaltschaft besteht der Anfangsverdacht, „dass die Beschuldigten bei ihren zeugenschaftlichen Vernehmungen vor dem Untersuchungsausschuss bewusst wahrheitswidrig ausgesagt haben“. Es waren Anzeigen mehrerer Privatpersonen gegen Scheuer und Schulz eingegangen.

Die Pkw-Maut für Ausländer:innen war ein Vorhaben der CSU, das sie gegen ihre damaligen Koalitionspartner CDU und SPD durchgesetzt hatte. [1][Scheuer hatte Verträge mit Betreiberfirmen geschlossen], bevor der Europäische Gerichtshof (EuGH) über eine Klage Österreichs gegen das Projekt entschieden hatte. [2][Nachdem die Richter die Maut gestoppt hatten], kündigte Scheuer die Verträge umgehend. Die Betreiberfirmen fordern nun eine Entschädigung in Höhe von mehr als 500 Millionen Euro. Ein Schiedsgericht hat befunden, dass sie einen Anspruch auf Entschädigung haben, aber noch nicht über die Höhe entschieden.

Während der parlamentarischen Aufarbeitung des gescheiterten Projekts waren Ungereimtheiten zutage getreten. Die Betreiber sagten aus, dass sie Scheuer vor Vertragsabschluss angeboten hätten, mit der Unterzeichnung zu warten, bis der EuGH über die Klage gegen die Maut entschieden hat. Scheuer und Schulz wollten sich vor dem Untersuchungsausschuss daran nicht erinnern können. Grüne, FDP und Linkspartei hatten nach [3][Abschluss des Untersuchungsausschusses vehement Scheuers Rücktritt] gefordert, doch Union und SPD hielten an ihm fest – unter anderem mit der Feststellung, dass im Untersuchungsausschuss in Fragen des Betreiberangebots zur Verschiebung der Vertragsunterzeichnung Aussage gegen Aussage gestanden habe.

3 May 2022

LINKS

[1] /Starttermin-trotz-ausstehendem-Urteil/!5559943
[2] /Urteil-des-Europaeischen-Gerichtshofs/!5604202
[3] /U-Ausschuss-zum-Pkw-Maut-Desaster/!5765983

AUTOREN

Anja Krüger

TAGS

Andreas Scheuer
Pkw-Maut
Untersuchungsausschuss
Ermittlungen
Schwerpunkt Klimawandel
CSU
Ampel-Koalition
Schwerpunkt Klimawandel
Andreas Scheuer

ARTIKEL ZUM THEMA

Maut-Debakel der Union: Scheuer-Andi bereut nichts

Die Idee einer „Ausländer-Maut“ kostet die Steuerzahler 243 Millionen Euro. Jetzt nimmt Andreas Scheuer wahrscheinlich Abschied von der Politik.

Rücktritt von CSU-Generalsekretär Mayer: So nicht, Herr Söder!

Mit „gesundheitlichen Gründen“ für den Rücktritt des CSU-Generalsekretärs darf sich Söder nicht abfinden. Mayer muss sich den Vorwürfen stellen.

Ministerium für Verkehr ohne Grüne: Verkehrswende? Fehlanzeige

Die Grünen verzichten zugunsten der FDP auf das Verkehrsministerium – ein großer Fehler. Die Ampel startet mit einer schweren Hypothek.

Streitgespräch Özdemir vs. Scheuer: Wer fährt?

CSU-Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer und Grünen-Politiker Cem Özdemir streiten über Tempolimit, Öffis und Fahrradstraßen.

U-Ausschuss zum Pkw-Maut-Desaster: Opposition will Scheuer-Abgang

FDP, Linke, Grüne legen ein Sondervotum zum Abschluss des Maut-Untersuchungsausschusses vor. Sie stellen Fehler des Verkehrsministers fest.