taz.de -- Die Wahrheit: Bananen in der Pfeife

Heute ist Haschermittwoch. Am 20. April, am Tag des „420“, wird Cannabis traditionell bis zum Abdampfen und Abfeiern geraucht.
Bild: Vor dem ersten offiziellen Cannabis-Café in California

Der 20. April ist der Internationale Cannabistag, den man in den USA als „Pot Smoker’s Day“ bezeichnet, an dem zwischen Boston und Seattle ausgelassene Tea-Partys gefeiert werden. Da drängen sich einem leider umgehend Wortspiele wie „Joint Ventures“ auf. In vielen Staaten ist „Pot“ oder „Weed“, wie es auf den Leuchtreklamen an der Autobahn heißt, inzwischen legal, und das nicht nur aus medizinischen Gründen.

Der Tag wird auch „420“ genannt, wegen der umgestellten amerikanischen Datumsangabe „April 20th“. Ein Codename für Stoff, der ohnehin mit vielen Aliasnamen auskommen muss, „Mary Jane“ ist nur einer davon. „420“ ist bewusstseinserheiternd und nur um eine Null mehr als „42“, die laut Douglas Adams die Antwort auf fast alles ist. Altgediente Kiffer haben darüber längst die Frage vergessen.

Erstmals wurde der Tag in – wo sonst? – Kalifornien zelebriert. Der Begriff Haschisch leitet sich angeblich vom Epizentrum Haight Ashbury in San Francisco ab, im Volksmund liebevoll „Hashbury“ genannt, das nicht umsonst nahe des Botanischen Gartens der Golden-Gate-Stadt liegt.

Seniorenkiffer erinnern sich an die Grateful Dead oder Cheech & Chong, die schon einmal mit einem Lieferwagen unbehelligt durch eine Polizeikontrolle gelangten, der vollumfänglich aus gepresstem Mariahuana bestand. Bei uns genossen Protagonisten wie Witthüser & Westrup, die Stilikone Wolfgang Neuss, dem „Hanf Dampf in allen Gassen“, oder der „Zentralrat der umherschweifenden Haschrebellen“ Kultstatus, obwohl das Wort „Kult“ in diesem Zusammenhang noch nicht gebräuchlich war. Nicht richtig ist indes die Theorie, der 20. April sei der Tag, an dem Bill Clinton im Jahre 1992 vor einem Untersuchungsausschuss den legendären Satz sprach, er habe „geraucht, aber nicht inhaliert“.

Drogenpalast in Venedig

Italien geht voran: In Venedig wird gerade der Drogenpalast der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, und seit einiger Zeit patrouillieren auch keine „Cannabinieri“ mehr durch die Kanäle. Allmählich bewegt sich selbst hierzulande etwas. In Berlin lobbyiert der „Kyffhäuser Bund“ heftig. Dabei ist Jahrzehnte lang bei uns Haschisch verteufelt und kriminalisiert worden, doch seit einiger Zeit bewegen sich Konsum und Besitz nur noch am Rande der Illegalität, will doch die Bundes-Ampel bei diesem Thema auf Grün springen. Passend zum Gesetzentwurf sollen Vermehrung und Verkauf von Hanfpflanzen nicht länger im sogenannten Bestäubungsmittelgesetz geregelt werden. Sogar die FDP ist dafür, in der Hoffnung auf höhere Steuereinnahmen.

Ob die ausgemergelten, karrieregeilen Asketen und Asketinnen, die nebenbei Marathon laufen, überhaupt mit der Materie vertraut sind, darf allerdings bezweifelt werden. Nicht, dass sie nix nehmen würden, aber Koks setzt halt nicht an. Trotzdem sollte die Politik hier eine Linie ziehen. Laut Abwasseruntersuchungen im Rhein konsumieren die Menschen im Großraum Düsseldorf übrigens annähernd vierzig Tonnen reines Kokain im Jahr. Vom Konsum des Rheinwassers ist dennoch dringend abzuraten.

Bedröhnter April

Der 20. April wird von zwei anderen Gedenktagen gesandwicht, dem „Bicycle Day“, an dem der Chemiker Albert Hofmann 1943 seine erste Fahrradtour auf LSD unternahm. Zwei Tage später begehen die Engländer den Nationalen Tee-Tag, wobei sie auch an allen anderen 364 Tagen gern einen im Tee haben. Der April ist jedenfalls ein ziemlich bedröhnter Monat.

Recht passend zu „420“ wird der 20. April denn auch als „Tag der Banane“ gefeiert. Wenn man früher bei gelegentlich auftretenden Engpässen die Innenhaut der Schale abgezogen und in die Pfeife gestopft hat, konnte das interessante Ergebnisse zeitigen. Aber das sind verzeihliche Jugendsünden. Gewirkt hat es ohnehin nicht richtig. Damals hatte Cannabis auch noch keine Monopolstellung: Ganz hartgesottene Freunde des Rauschs fanden ihr Glück, wenn sie sich einmal quer durch das Gewürzregal rauchten. Empfehlenswert ist das jedoch nur bedingt. Vor allem gilt noch immer die Devise: Hände weg von Oregano!

20 Apr 2022

AUTOREN

Thomas C. Breuer

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