taz.de -- Schalke 04 und Gazprom: Allseits peinlich

Den Schalkern ist der Sponsor Gazprom nun unangenehm. Umgekehrt dürfte auch Putin kein Fan des Absteiger-Vereins sein: Er steht auf Siegertypen.
Bild: Den Schalkern ist der Sponsor Gazprom nun unangenehm. Und Putin? Mag auch keine Verlierer

Noch vor Tagen wäre diese Meldung ein Kuriosum gewesen: Ein mäßig erfolgreicher Zweitligist überlegt, ob er die Millionen von einem Weltkonzern noch annehmen möchte. Doch Schalke 04 überprüft nun tatsächlich, ob er sich die Partnerschaft mit dem russischen Energiekonzern Gazprom weiterhin leisten kann. Denn bekanntlich hat sich einiges geändert: Der russische Staat, der die Mehrheit der Gazprom-Aktien hält, hat sich für einen Krieg gegen die Ukraine entschieden. Auf Schalke hat man berechtigte Angst, da hineingezogen zu werden.

Schalke hat Erfahrungen: 2014, nach der Annexion der Krim, hatte Putin die Schalker Mannschaft nach Moskau eingeladen, er wollte ihr eine Führung durch den Kreml organisieren. Schalkes damaliger Aufsichtsratschef [1][Clemens Tönnies] hatte das vermittelt. Immer wenn Tönnies seinen Freund in Moskau besucht, bringt er ihm ein Eisbein mit. „Er erkundigt sich dann auch nach Schalke“, so Tönnies.

Damals war Schalke allerdings noch ein Spitzenteam. Auch da hat sich etwas geändert: Zum einen ist [2][Tönnies mittlerweile von Schalke geschasst] worden. Und die Mannschaft ist trotz der Gazprom-Millionen in die zweite Liga abgestiegen. Es kann also sein, dass sich Putin gar nicht mehr nach Schalke erkundigt, wenn er sein Eisbein schmatzt.

Der Nacktreiter Putin, der Schweineindustrielle Tönnies und der unvermeidliche Auto-Exkanzler Gerhard Schröder – dass sich solche Männer gerne erfolgreiche Fußballer kaufen, um sich mit ihnen sehen zu lassen, passt. Und an Macht mangelt es dieser Kameradschaft nicht: [3][Schröder hat immer noch politischen Einfluss und wollte jüngst in den Gazprom-Aufsichtsrat]. Tönnies ist weiterhin Milliardär. Und Putin zieht in den Krieg.

Das einzig Hoffnungsvolle, das sich aus dieser Lage ziehen lässt, ist: Auch mit größtem Mitteleinsatz kann man so sehr scheitern, dass es selbst einem deutschen Zweitligisten zu peinlich wird, von einer solchen Bagage gepampert zu werden.

24 Feb 2022

LINKS

[1] /Corona-bei-Toennies/!5700688
[2] /Alltagsrassismus-bei-Schalke-04/!5610938
[3] /Russland-Connection-von-Ex-SPD-Kanzler/!5833225

AUTOREN

Martin Krauss

TAGS

Clemens Tönnies
Schalke 04
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Wladimir Putin
Gazprom
Schalke 04
Kolumne Press-Schlag
SPD Hannover
Schalke 04
Russland
Nord Stream 2
Schalke 04

ARTIKEL ZUM THEMA

Schalke 04 ist wieder erstklassig: Eine Herzensgeschichte

Schalke 04 gelingt nicht nur der direkte Wiederaufstieg, sondern auch die Neuaufstellung eines rundum heruntergewirtschafteten Vereins.

Politik aus Sicht eines Fußballs: Die Welt ist eine Kugel

Die Gefühle von Fußbällen werden oft ignoriert. Ein Ball erzählt jetzt endlich über sein Leben, den Spieltag und den Ukraine-Krieg.

Ärger um Gerhard Schröder: Der ungewollte Ehrenmann

Hannovers CDU will Altkanzler Gerhard Schröder nicht länger als Ehrenbürger der Stadt. Die SPD-Ratsfraktion hält den Vorstoß für schlechten Stil.

Schalke 04 und sein russischer Sponsor: Schauriger Partner

Schalke 04 wirbt wegen des Kriegs in der Ukraine nicht mehr für den russischen Staatskonzern Gazprom. Und bezahlt für Fehler aus der Vergangenheit.

Die Rede des russischen Präsidenten: Putins Geschichtsstunde

Die Rede des russischen Präsidenten Putin zur Anerkennung der ostukrainischen Separatistengebiete ist bizarr – und historisch. Was sie bedeutet.

Juso-Chefin zum Gasgeschäft mit Russland: Absage an Nord Stream 2

Jessica Rosenthal fordert im taz-Interview das Aus der Gaspipeline. Ex-Kanzler Schröder ist für sie nur noch ein Interessenvertreter Russlands.

Abstieg aus Fußball-Bundesliga: Glück auf, Schalke!

Der vielgehasste und heißgeliebte FC Schalke 04 steigt wieder einmal ab. Elf Dinge, die wir ohne den Klub in der Ersten Bundesliga vermissen werden.