taz.de -- Doping mit Herzmittel: Eine Herzensangelegenheit
Trimetazidin heißt das Mittel, das die russische Eiskunstläuferin Kamila Walijewa eingenommen haben soll. Was ist das für ein Zeug?
Trimetazidin, das offenbar bei der erst 15-jährigen russischen Eiskunstläuferin Kamila Walijewa entdeckte Herzmittel, wird in der Sportszene ob des komplizierten Namens gern abgekürzt: TMZ. Der Stoff wurde einer breiten Öffentlichkeit bekannt, als der chinesische Schwimmstar Sun Yang damit im Jahr 2014 auffiel und der chinesische Schwimmverband einen Eiertanz aufführte, um seinen Schnellschwimmer zu schützen.
TMZ ist schon viel länger im Umlauf, wie zum Beispiel [1][eine Untersuchung der Kölner Dopinganalytiker Wilhelm Schänzer], Mario Thevis et alii aus dem Jahr 2014 zeigt. Die Biochemiker analysierten Dopingproben, die zwischen 1999 und 2013 gesammelt worden waren.
Das durchaus verblüffende Ergebnis: Die Untersuchung „ergab eine erhebliche Prävalenz des Medikaments insbesondere im Ausdauer- und Kraftsport mit bis zu 39 Befunden pro Jahr“. [2][Polnische Wissenschaftlerinnen um Anna Jarek] und Marzena Wójtowicz stellten ebenfalls 2014 fest: „TMZ kann von Sportlern zur Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit insbesondere im Ausdauersport eingesetzt werden.“
„Metabolischer Modulator“
Nicht zuletzt diese Forschungsergebnisse führten dazu, dass die Welt-Antidopingagentur Wada TMZ 2014 auf die Liste verbotener Medikamente setzte. Im Januar 2015 klassifizierte die Wada Trimetazidin neu: Das „Stimulanz“ wurde zu einem „Modulator des Herzstoffwechsels“ herabgestuft. Seit diesem Jahr ist Trimetazidin als „metabolischer Modulator“ aufgeführt, der jederzeit „innerhalb und außerhalb des Wettbewerbs“ verboten ist.
Die Wada weist darüber hinaus in einem [3][„Technical Letter“ (Nummer 13; 2018)] darauf hin, dass TMZ auch fälschlicherweise als Abbauprodukt des erlaubten Migränemittels Lomerizin detektiert werden könne; es müssten weitere Untersuchungen erfolgen, um die wahre Herkunft zu ergründen.
TMZ wird normalerweise herzkranken Menschen verschrieben, Patienten, die vor allem unter Herzenge (Angina Pectoris), Tinnitus oder Schwindel leiden, keinesfalls gesunden Sportlerinnen und Sportlern.
10 Feb 2022
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