taz.de -- Panne zum Start des Lobbyregisters: Falscher Lobbyist registriert
Seit Anfang des Jahres gibt es das Lobbyregister. Einer der ersten Einträge: ein vermeintlicher Lobbyist von Fridays for Future. Wie kam es dazu?
Berlin taz Es braucht mehr Transparenz im Deutschen Bundestag. Das hatte die alte Bundesregierung [1][im März letzten Jahres nach jahrelangem Hin und Her beschlossen]. Wer mit Bundestagsabgeordneten Kontakt hat und welche Personen oder Unternehmen mehr als 20.000 Euro spenden, das soll künftig auf der [2][Website des Bundestags] einsehbar sein.
Ab [3][1. Januar nun sind Interessenvertreter:innen verpflichtet, sich in das Lobbyregister einzutragen]. Angegeben werden muss unter anderem, wie viel Geld für die Lobbyarbeit jährlich aufgewendet wird oder wann welche Treffen in den Ministerien gemacht werden. Davon ausgenommen sind jedoch unter anderem Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände, politische Stiftungen, Kirchen und Religionsgemeinschaften.
Der Rücklauf nach den ersten sieben Tagen: gerade mal 13 Einträge. Und wie sich bald rausstellte, war einer von ihnen ein Fake.
Eine Person namens Simon Dietz hatte sich am Mittwoch im Register als Lobbyist für Fridays for Future ausgegeben. Vertretungsberechtigte Person: Luisa Neubauer. Auf eine Interview-Anfrage der taz für Herrn Dietz stellte das Presseteam von Fridays For Future klar, dass es sich um einen „missbräuchlichen Eintrag“ handle. Luisa Neubauer habe das bereits gemeldet. Tatsächlich wurde der Eintrag am nächsten Tag gelöscht.
Motiv für Falschangaben unbekannt
Genaueres über das Motiv und wer hinter dem kurzzeitig registrierten Lobbyisten Simon Dietz stecke, sei Fridays for Future noch nicht bekannt. Man werde der Angelegenheit intern weiter nachgehen.
Ob sich der Name möglicherweise auf den Umweltökonomen Professor Simon Dietz bezieht, der an der London School of Economics zu Umweltpolitik, nachhaltiger Entwicklung und Klimawandel forscht, ist unklar. Dietz antwortet auf taz-Anfrage, dass es sich nicht um ihn handle.
„Zu Einzelfällen kann in laufenden Verfahren keine Auskunft erteilt werden,“ teilte indessen ein Sprecher des Bundestages mit. Die Sicherstellung der Integrität und Authentizität des Lobbyregisters sei aber für die registerführende Stelle in der Bundestagsverwaltung von besonderer Bedeutung.
Ein Eintrag im Lobbyregister kann offiziell erst dann veröffentlicht werden, wenn zuvor ein Freigabecode an eine existierende Postadresse zugestellt wurde. Jedoch kann diese Anschrift aus praktischen Gründen dafür frei gewählt werden und muss nicht die Hauptanschrift der Interessenvertreter:innen sein.
Missbräuchliche Einträge gelten als Ordnungswidrigkeit
Auch auf ihren Inhalt werden die Einträge ins Register vor ihrer Veröffentlichung nicht überprüft. Dies sei gesetzlich nicht vorgesehen, so ein Sprecher des Bundestages. „Daher können Falscheintragungen im Register nicht vollständig ausgeschlossen werden.“ Im Falle eines missbräuchlichen Eintrags kann dieser unverzüglich gelöscht werden.
Unrichtige Angaben im Lobbyregister, wie eben die des vermeintlichen Lobbyisten für Fridays for Future, gelten offiziell als Ordnungswidrigkeit. Sie können mit einer Geldbuße von bis zu 50.000 Euro geahndet werden.
Wer hinter der Aktion steckt, bleibt erstmal unklar. Den Schaden hat Fridays For Future. Der Eintrag stand einen Tag lang online.
Fridays for Future ist derweil noch nicht offiziell im Lobbyregister eingetragen. Sollten sie aber vorhaben, weiterhin ihre Interessen für sozial-gerechte Klimapolitik gegenüber dem Bundestag zu vertreten, werden auch sie sich im Laufe der nächsten zwei Monate dort registrieren müssen.
7 Jan 2022
LINKS
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Auch Wissenschaftler sollen im Lobbyregister des Bundestags gelistet werden. Diese sind damit überhaupt nicht einverstanden.
Mit einem Lobbyregister soll transparent werden, wer auf Gesetze Einfluss nimmt. Doch es gibt keine Sanktionen. Kann das funktionieren?
Fridays for Future protestiert friedlich für radikalen Klimaschutz. Doch die Bewegung sieht sich immer häufiger mit Repressionen konfrontiert.
Seit Januar müssen sich Lobbyisten im Bundestag zu erkennen geben. Ihr Einfluss auf Gesetze soll so transparenter werden.
Im September trat Henning Jeschke mit sechs anderen KlimaaktivistInnen in den Hungerstreik. Ein Gespräch über persönliche und globale Kipppunkte.
Der Koalitionsvertrag enttäuscht, die Mobilisierung läuft schlecht. Sollte sich die Klimabewegung radikalisieren?