taz.de -- Nicaraguas Regierung blockiert Zeitung: Keine Oppositionspresse mehr
Weil Nicaraguas Regierung unter Daniel Ortega das Druckpapier im Zoll zurückhält, kann die Zeitung La Prensa nur noch online erscheinen.
Mexiko-Stadt/Berlin epd/taz | Die oppositionelle nicaraguanische Tageszeitung [1][La Prensa] muss ihr Erscheinen einstellen, weil die Zollbehörde die Papiereinfuhr für das Blatt blockiert. Ab Freitag könne keine Ausgabe mehr produziert werden, teilte La Prensa am Donnerstag (Ortszeit) mit. „Die Diktatur hält zwar unser Papier zurück, die Wahrheit kann sie aber nicht vertuschen“, schrieb die Zeitung mit Blick auf den autoritär regierenden Staatschef Daniel Ortega.
Von der Blockade ist auch die Tageszeitung Hoy betroffen, die ebenfalls zur Verlagsgruppe La Prensa gehört. Seit 2018 eine breit gefächerte oppositionelle Bewegung gegen das Ortega-Regime auf die Straße ging, hat die Regierung mehrmals die Lieferung von Papier und anderen Materialien an die Zeitung blockiert. Künftig soll La Prensa, die 1926 gegründete älteste Tageszeitung Nicaraguas, nur noch online erscheinen.
Die Zeitung hat eine lange oppositionelle Tradition. In den 1970er Jahren veröffentlichte sie Berichte über Menschenrechtsverletzungen und Korruption unter dem damaligen Diktator Anastasio Somoza. Der ließ den damaligen Herausgeber, Pedro Joaquín Chamorro, im Januar 1978 auf offener Straße erschießen. Seine Witwe Violeta Barrios gehörte der ersten Regierungsjunta nach dem Sieg der sandinistischen Revolution im Juli 1979 an, wandte sich dann jedoch von der schon damals von Daniel Ortega geführten Regierung ab. La Prensa wurde in den 1980er Jahren zum Sprachrohr der Opposition gegen die sandinistische Regierung. Nach der Wahlniederlage der Sandinist*innen unter Daniel Ortega wurde Violeta Barrios 1990 Präsidentin.
In den vergangenen Jahren sind die Behörden immer wieder gegen kritische Medien vorgegangen. Im Juni besetzten Sicherheitskräfte die Redaktionsräume der digital erscheinenden Zeitung [2][Confidencial] und des Online-TV-Programms „Esta Semana“. Im Dezember 2018 wurde der Privatsender „100% Noticias“ beschlagnahmt, der die Repression gegen die Protestbewegung kritisierte.
Die in Miami ansässige Interamerikanische Pressegesellschaft kritisierte das Vorgehen gegen La Prensa und rief internationale Organisationen dazu auf, ebenfalls gegen die Verfolgung der Presse und oppositioneller Politiker in Nicaragua zu protestieren.
Vor den Präsidentschaftswahlen, die im November stattfinden, wurden in dem zentralamerikanischen Land bereits 32 [3][Regimekritiker verhaftet]. Unter ihnen befinden sich sieben Politikerinnen und Politiker, die als Präsidentschaftskandidaten gegen Ortega antreten wollen.
13 Aug 2021
LINKS
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Am Sonntag wird in Nicaragua gewählt. Aber die Opposition gegen Staatschef Ortega ist verboten, ihre Kandidat*innen sitzen im Gefängnis.
Menschenrechtsorganisationen zufolge ist die nicaraguanische Regierung zur Diktatur mutiert. Bei den Behörden in Hamburg scheint das nicht anzukommen.
Bei der letzten landesweiten Tageszeitung von Nicaragua hat die Polizei Akten und Datenträger beschlagnahmt. Der Herausgeber wurde festgenommen.
Der umstrittene Óscar Sobalvarro wird Präsident Ortega bei der Wahl im November herausfordern. Die meisten anderen Kandidaten sitzen im Gefängnis.
Vor den Präsidentenwahlen geht Nicaraguas Regierung massiv gegen die Opposition vor. Der Machthaber will wohl jegliches Risiko vermeiden.
Nicaraguas Präsident Daniel Ortega lässt weitere Oppositionelle festnehmen. Darunter ist die legendäre „Comandante 2“, Dora María Téllez.