taz.de -- Globale Mindeststeuer: Schluss mit dem Steuerdiebstahl

Die Einigung der G7-Finanzminister auf eine globale Mindeststeuer zwingt die Konzerne zur Offenlegung ihrer Profite. Joe Biden machte das möglich.
Bild: US-Finanzministerin Yellen hätte mehr von den G7-Finanzministern erwartet

Luxemburg ist ein ganz eigenartiges Land: Dort leben nur etwa 600.000 Menschen, aber diese wenigen Einwohner ziehen jedes Jahr vier Billionen Dollar an Direktinvestitionen aus dem Ausland an. Das ist genauso viel Geld, wie jährlich aus der Fremde in die USA fließt, um dort Fabriken zu bauen oder Immobilien zu erwerben. Das Ergebnis ist absurd: Für jeden einzelnen Luxemburger werden pro Jahr 6,6 Millionen Dollar investiert – laut Statistik.

Man muss kein professioneller Finanzbeamter sein, um sofort zu erkennen, dass diese ganzen Investitionen rein fiktiv sind und den globalen Unternehmen nur dazu dienen, ihre Gewinne in die [1][Steueroase Luxemburg] zu verlagern. Dieser Steuerdiebstahl wird künftig erschwert. Die [2][G7-Finanzminister] haben sich jetzt darauf geeinigt, dass für Unternehmen künftig eine globale Mindeststeuer von mindestens 15 Prozent gelten soll, die durch das sogenannte Country-by-Country-Reporting erhoben wird.

Die Unternehmen müssen also ausweisen, wie hoch ihre Umsätze und Profite in den einzelnen Ländern sind – und entsprechend vor Ort versteuern. Diese Steuerideen sind keineswegs neu, konnten aber bisher nicht umgesetzt werden, weil die USA und auch Großbritannien nicht mitzogen. Die plötzliche Kehrtwende ist dem neuen [3][US-Präsidenten Biden] zu verdanken – und den Finanzlücken, die Corona gerissen hat. Die Staaten können nicht länger tolerieren, dass Milliarden an Steuereinnahmen verloren gehen.

Allerdings ist die geplante Reform nicht perfekt – sondern bleibt ein schaler Kompromiss. Der [4][Steuersatz von 15 Prozent] ist eindeutig zu niedrig. Frankreich hat zwar durchgedrückt, dass ein „mindestens“ davorsteht, aber die Gefahr ist groß, dass die neue Globalsteuer wie eine Absolution wirkt und weltweit den Eindruck erweckt, als sei den Unternehmen mehr nicht zuzumuten. US-Finanzministerin [5][Janet Yellen] hatte einen Steuersatz von 21 Prozent vorgeschlagen. Das wäre deutlich besser gewesen.

6 Jun 2021

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[1] /Luxemburg-bleibt-Steueroase/!5746602
[2] /G7-Laender-wollen-globale-Unternehmenssteuer/!5776552
[3] /100-Tage-Praesidentschaft-Joe-Biden/!5763394
[4] /15-Prozent-Unternehmenssteuer--global/!5773059
[5] /Steuer-Vorstoss-von-US-Finanzministerin/!5759062

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Ulrike Herrmann

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