taz.de -- Bob-WM in Altenberg: Im Monobob zur Frauenquote

Zum ersten Mal fahren Frauen allein im Bob um WM-Gold. Begeistert davon sind die wenigsten. Den Frauen-Vierer gibt es erstmal nicht.
Bild: Allein zu Tal: Kim Kalicki steigt in ihren Monobob ein

Altenberg taz | Für die Bobfahrerinnen ist es ein neues Erlebnis. Zum ersten Mal sind sie bei einer Weltmeisterschaft auch in der zweiten Woche mit dabei. Denn am Samstag gibt es im [1][Eiskanal in Altenberg] eine Premiere: Es wird die erste Weltmeisterin im Monobob gesucht. Aussichtsreiche Kandidatin ist Kaillie Humphies. Die Kanadierin, die für die USA antritt, hat am vergangenen Wochenende ihren vierten WM-Titel im Zweierbob gewonnen. „Kaillie hat gleich im ersten Training gezeigt, wer die beste Bobpilotin ist“, sagt Bundestrainer René Spies.

Auf seiner Mission zu mehr Geschlechtergerechtigkeit wollte das Internationale Olympische Komitee (IOC) einen zweiten Wettbewerb neben dem Zweier für die Frauen anbieten. Der internationale Bobverband (IBSF) schlug daraufhin 2018 den Monobob vor. Was noch immer für heftige Diskussionen sorgt. „Ich bin gegen den Monobob“, sagt Mariama Jamanka.

Weil für die Olympiasiegerin Bobfahren ein Mannschaftssport ist, wäre nicht nur die Berlinerin gerne Vierer gefahren. “Der Vierer wäre besser gewesen“, sagt auch Humphries, die im großen Schlitten schon im Wettkampf gegen Männer angetreten ist. Doch damit hätte sich die Anzahl der Teilnehmerinnen erhöht, was das IOC unbedingt verhindern wollte. Deswegen werden bei den Spielen in Peking 2022 nur Pilotinnen im Mono antreten dürfen, die auch im Zweier starten.

Anschieben, steuern und bremsen – Laura Nolte hat bereits Erfahrungen gesammelt allein im Bob. Die 22-jährige Winterbergerin gewann 2016 Gold bei den Olympischen Jugendspielen. Doch Vergleiche mit dem Sportgerät, das eigentlich zur Ausbildung eingesetzt wird, schlössen sich aus. „Damals sind wir einen einteiligen Bob gefahren“, sagt die WM-Dritte vom vergangenen Wochenende. Mittlerweile besteht der Schlitten aus zwei Teilen, kann sich besser verwringen.

Vom Ausbrechen des Bobs

„Das Vorderboot ist praktisch mit dem des Zweiers identisch“, sagt Konstrukteur Thomas Hahn von der Firma Ixent. Trotzdem sind [2][die Fahreigenschaften] zwischen Mono und Zweier unterschiedlich, weil der Schlitten mit 162 Kilogramm zwar etwa gleich schwer, aber 20 Zentimeter kürzer ist und auf der Hinterachse das Gewicht der Anschieberin fehlt. „Der Bob bricht leichter aus“, beschreibt Nolte. Deswegen brauche der Schlitten mehr Feingefühl. „An Stellen, wo man den Zweier schon wieder laufen lassen kann, muss man den Mono noch kontrollieren“, sagt sie.

Eine Materialschlacht wie in den anderen Bob-Wettbewerben soll es nicht geben. Es gibt Einheits-Monobobs zum Preis von 22.500 Euro. Ein konkurrenzfähiger Zweier kostet 100.000 Euro. So gewinnen auch mal Athletinnen aus Ländern, die dort in der fast 100-jährigen Geschichte des Bobsports noch nie zu sehen waren. In Innsbruck-Igls gewann Breena Walker aus Australien.

Nicht ganz glücklich ist Bundestrainer Spies, wie einige seiner Pilotinnen dem neuen Bob gegenüber stehen. Für ihn überwiegt die Chance auf eine zusätzliche Medaille. Dem Einheitsbob allerdings steht er kritisch gegenüber. Was Konstrukteur Hahn durchaus verstehen kann. Die deutschen Pilotinnen seien den Bob des Instituts für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten (FES) gewohnt, sagt der Ingenieur. „Die FES-Lenkung reagiert feiner“, bestätigt auch Vize-Weltmeisterin Kim Kalicki. Immerhin enstehe ein neues Fahrerlebnis, meint Trainer Spies: „Die Pilotinnen müssen eine neue Linie erarbeiten.“

12 Feb 2021

LINKS

[1] /Bob-Dominator-Francesco-Friedrich/!5745267
[2] /Schlittenwechsel-im-Bobsport/!5554042

AUTOREN

Klaus-Eckhard Jost

TAGS

Bob
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
Wintersport
Bob
Wintersport
Gender
Olympische Winterspiele 2022
Bob
Wintersport
Olympische Winterspiele 2022

ARTIKEL ZUM THEMA

Bob-WM in Winterberg: Schlitten kippen und rutschen

Lisa Buckwitz wird Zweierbob-Weltmeisterin. Und eine Amerikanerin stürzt viermal – und schafft am Ende doch den 20. Platz.

Bob-WM in der Schweiz: Frauen müssen alleine fahren

Männer im Vierer, Frauen im Einer: Im Bobsport gehen vor der WM in St. Moritz die Diskussionen über den Sinn des Monobob weiter.

Geschlechtergerechtigkeit bei Olympia: Irgendwann später

Der Frauenanteil ist bei diesen Spielen auf 45 Prozent gestiegen. Klaren Vorrang haben die Männerwettbewerbe allerdings bei der Terminierung.

Diskriminierungsklage von Jamaika-Bob: Ende der Niedlichkeit

Gern werden die jamaikanischen Bobteams verkitscht. Jetzt hat eine Athletin die Ungleichheiten angeprangert – und beim Sportgericht verloren.

Bob-Dominator Francesco Friedrich: Bald noch unschlagbarer

Wegen Corona findet die WM nicht in den USA, sondern in Altenberg statt. Francesco Friedrichs Ziel: der Beste bleiben – jetzt, bei Olympia und überhaupt.

Schlittenwechsel im Bobsport: Die Umsteiger

Im Bobsport konkurrieren die Sportgeräte-Entwickler: Olympiasieger Friedrich wechselt wohl vom FES-Schlitten in einen, den BMW entwickelt hat.

Olympische Spiele starten am 9. Februar: Umgesattelt für eine Medaille

Eric Franke war mal Leichtathlet – schulte aber um. Sein Traum von Olympia geht nun als Bobfahrer in Erfüllung, wenn er bei den Winterspielen antritt.