taz.de -- Bruttoinlandsprodukt und Corona: Leichtes Wachstum

Die deutsche Wirtschaft wächst trotz Coronapandemie und Lockdown zumindest ein bisschen. Der wahre Aufschwung soll Ökonom*innen zufolge im Frühjahr kommen.
Bild: Maschinenbau, Elektroindustrie und die Chemieindustrie hoffen, das Krisenjahr hinter sich zu lassen

Berlin afp/reuters | Die deutsche Wirtschaft ist im letzten Quartal des vergangenen Jahres leicht gewachsen. Das [1][Statistische Bundesamt in Wiesbaden] vermeldete am Freitag für die letzten drei Monate 2020 [2][ein Plus des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 0,1 Prozent im Vergleich zum dritten Quartal]. Im Vergleich zum Vorjahresquartal 2019 schrumpfte das BIP um 3,9 Prozent.

Die deutsche Wirtschaft hatte sich nach dem historischen Einbruch im zweiten Quartal (minus 9,7 Prozent) im dritten Quartal wieder erholt (plus 8,5 Prozent). Diese Erholung sei aber durch die zweite Coronawelle und den abermaligen Lockdown zum Jahresende gebremst worden, erklärten die Statistiker. Davon betroffen war vor allem der private Konsum.

Unterm Strich schrumpfte die deutsche Wirtschaft 2020 um 5,0 Prozent. Für 2021 erwartet die Bundesregierung einen Anstieg des BIP von 3,0 Prozent.

Andreas Scheuerle von der Dekabank ist allerdings skeptisch. „Der weitere Ausblick ist zwiegespalten. In der kurzen Sicht werden wir eine erneute Schrumpfung des Bruttoinlandsprodukts aufgrund der Bekämpfung des Coronavirus erleben“, meint der Volkswirt. Als Gründe nennt Scheuerle gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, dass sich im Januar fast alle Volkswirtschaften der Euro-Zone in einem harten oder zumindest partiellen Lockdown befanden, und die Wahrscheinlichkeit einer Verlängerung im Februar sei groß.

Hoffen auf das Frühjahr

„Hinzu kommt die Gefahr, die von den Mutanten des Coronavirus ausgeht. Diese greifen immer stärker in Europa um sich und könnten weitere Verschärfungen und/oder Verlängerungen der Beschränkungen nötig machen.“ Mit der Rückkehr der milden Witterung und der zunehmenden Impfung der Bevölkerung werde es aber wohl gelingen, frische Konjunkturkräfte freizusetzen, ist Scheuerle überzeugt.

Sebastian Dullien von IMK hingegen ist von der Stärke der deutschen Ökonomie überzeugt. „Das leichte Plus beim Bruttoinlandsprodukt im vierten Quartal zeigt, dass die deutsche Wirtschaft zunehmend gelernt hat, mit den Kontaktbeschränkungen umzugehen. Dabei ist es derzeit vor allem die robuste Erholung im Verarbeitenden Gewerbe, die die Rückschläge im Gastgewerbe, dem Kultursektor und dem Einzelhandel gesamtgesellschaftlich ausgeglichen hat.“

Jörg Krämer von der Commerzbank warnt vor voreiliger Hoffnung. „Die deutsche Wirtschaft ist im vierten Quartal wie erwartet faktisch stagniert – mit plus 0,1 Prozent gegenüber dem dritten Quartal. Für das erste Quartal rechnen wir trotzdem mit einem Minus, weil der harte Lockdown bis Ende März gelten sollte.“

Erst danach könne Krämer zufolge ein wirklicher Aufschwung einsetzen. „Aber ab dem Frühjahr dürften die Beschränkungen deutlich gelockert werden, auch weil zumindest die Impfung der über 80-Jährigen gelingen sollte. Dann dürfte eine kräftige wirtschaftliche Erholung einsetzen. Für 2021 rechnen wir weiter mit einem Wachstum von 4,5 Prozent.“

29 Jan 2021

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