taz.de -- Mobilitätswende in Hamburg: Senat erfasst Radler automatisch

An 91 Hamburger Orten sollen Radfahrer künftig rund um die Uhr gezählt werden. Das Ziel ist eine bessere Verkehrsplanung.
Bild: Es gibt mehr Radverkehr als der Senat zählen kann: Kind im Herbstlaub

Hamburg taz | Der rot-grüne Senat hat ein Netz automatischer Zählstellen für den [1][Fahrradverkehr] in Betrieb genommen. Wie Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) am Dienstag der Presse schilderte, erfassen 55 Wärmebildkameras rund um die Uhr vorbeifahrende Radler. Die Daten werden sofort an einen Server, die Hamburg Urban Data Platform, weitergeleitet und sind online einsehbar. „Wir machen das Radfahren in Hamburg damit transparent“, sagte [2][Tjarks]. „Das wird einen großen Einfluss auf die Verkehrsplanung haben.“

Schon heute zählt der Senat einmal im Jahr im August und September an 38 neuralgischen Punkten die Radfahrer – allerdings von Hand – mit Ausnahme einer Zählsäule auf der Gurlittinsel. Diese „Pegelmessungen“ zeigen einen Anstieg des Radverkehrs um 120 Prozent seit dem Jahr 2000. Im Vergleich zu 2019 haben die Zähler 33 Prozent mehr Radler erfasst. „Der Radverkehr in Hamburg boomt“, stellte Tjarks fest.

Um daraus verkehrsplanerische Konsequenzen ziehen zu können, werden jetzt die automatischen Dauerzählstellen eingerichtet. 91 an 40 Orten sollen es bis zum Jahresende sein, mittelfristig 100. Auf dem Hamburger Verkehrsportal lassen sich die [3][Zählstellen] anklicken und Diagramme aufrufen, die das Verkehrsaufkommen über den Tag, die Woche, das Jahr zeigen. Die Daten lassen sich verknüpfen etwa mit Informationen über den Autoverkehr, Elektroladestationen oder die Velorouten.

„Die [4][Erhebung der Daten] ist eine wesentliche Grundlage unserer Arbeit“, sagte Stefan Klotz auf der Landespressekonferenz. Weil sie aussagekräftiger seien als die Pegelmessungen, lasse sich der Straßenraum bedarfsgerecht aufteilen und es ließen sich Ampelkreuzungen so optimieren, dass Radler eine Grüne Welle bekämen. „Priobike“ heißt das Projekt, das sich der Senat vom Bundesverkehrsministerium fördern lassen will.

Kamera am Laternenmast

Der Bund bezahlt auch knapp die Hälfte der 1,4 Millionen Euro für die Zählstellen. Wer an so einer an einem Laternenmast befestigten Kamera vorbeifahre, sei auf dem Wärmebild nicht zu erkennen, versicherte Volker Rech von Hamburg Verkehrsanlagen. Das Zählnetz ist eines von 85 Projekten, mit denen sich der Senat auf dem Intelligent Transport Systems (ITS)-Kongress im kommenden Jahr in Hamburg profilieren möchte.

Rech lobte das System für seine Flexibilität. Die Kameras könnten leicht abmontiert und andernorts eingesetzt werden. Die bisher angedachten Zählsäulen haben sich Tjarks zufolge als zu teuer erwiesen.

Ein Beispiel, für das, was sich mit dem neuen System erkennen lässt, bietet der Hochbahn-Streik im Oktober: Der Radverkehr nahm um 143 Prozent zu, der Autoverkehr nur um zehn Prozent.

18 Nov 2020

LINKS

[1] /Streit-um-den-Strassenraum/!5711151
[2] /Senator-Tjarks-ueber-die-Mobilitaetswende/!5689491
[3] https://geoportal-hamburg.de/verkehrsportal/#
[4] https://www.hamburg.de/bvm/projekte-its/12323778/radverkehrszaehlnetz/

AUTOREN

Gernot Knödler

TAGS

Verkehrswende
Fahrrad
Hamburg
Verkehr
Radverkehr
Verkehrsplanung
Mobilitätswende
Radverkehr
Verkehrswende
Verkehrswende
Radverkehr
Fahrrad

ARTIKEL ZUM THEMA

Mehr Platz für den Radverkehr: Bäume oder Parkplätze

Die Tangstedter Landstraße soll ordentliche Radwege bekommen. Dafür müssen entweder Parkplätze weichen oder Bäume fallen.

Verkehrswende in Hamburg: Elbchaussee bald auch für Radler

Im Januar beginnt die Grundsanierung der viel befahrenen Straße nach Blankenese. Dabei wird abschnittsweise Platz für Fahrradfahrer geschaffen.

Professorin Jana Kühl über Radverkehr: „Wir sind aufs Auto sozialisiert“

Jana Kühl ist ab November die erste Radprofessorin Deutschlands. Jede Maßnahme für das Fahrrad führe zu einer Grundsatzdebatte, kritisiert sie.

Automobilclub kritisiert Infrastruktur: ADAC findet Radwege zu schmal

Nicht nur Radfahrende fordern für sich mehr Platz auf Straßen. Der ADAC hat nachgemessen, das Ergebnis: Jeder dritte Radweg müsste breiter sein.

Neuer Radweg in Hamburg: Stadt klaut Autos eine Spur

Am Sievekingdamm ist ein neuer Radweg auf der Straße entstanden. Der ADFC feiert diese Maßnahme.