taz.de -- Protest der Reinigungskräfte: Zwölf Euro müssen sein

Reinigungskräfte demonstrieren in Prenzlauer Berg für höhere Löhne. Doch im laufenden Tarifstreit zeigen sich die Arbeitgeber bisher hart.
Bild: Klare Ansage: Protest der Reinigungskräfte zieht durch Prenzlauer Berg

Ohne sie, die Reinigungskräfte, wären Schulklos versifft, Büros verstaubt und Krankenzimmer verkeimt. Knapp 700.000 sind in Deutschland beschäftigt, davon 38.000 in Berlin. Viele von ihnen bekommen nur Mindestlohn: läppische 10.80 Euro pro Stunde. Am Donnerstag protestierten in Prenzlauer Berg rund hundert Menschen für eine bessere Bezahlung in der Branche.

„Ich arbeite neun Stunden täglich und verdiene 1.300 Euro im Monat“, sagt ein Teilnehmer, der seit 21 Jahren als Reinigungskraft in der Hauptstadt arbeitet. Derzeit putze er in einer Schule und in einem Büro. „Von dem Gehalt gehen allein 700 Euro für die Miete und 84 Euro für das Monatsticket drauf.“ Hinzu kämen Strom, Internet und Lebensmittel. Geld für seine Rente könne er nicht zurücklegen, sagt der 55-Jährige.

Eine Mitdemonstrantin klagt nicht nur über die geringe Bezahlung, sondern auch über Arbeitsstress: Sie sei Reinigungskraft im Rathaus Schöneberg, sieben Stunden am Tag putze sie dort Fensterbänke, Böden, Tische und Treppengeländer. „Um rechtzeitig fertig zu werden, muss ich extrem hetzen. Eigentlich bräuchte ich anderthalb Stunden mehr Zeit“, sagt die Berlinerin.

Die Demonstration, die von der Gewerkschaft IG Bau organisiert wurde, führte von der S-Bahn-Haltestelle Gesundbrunnen über die Prinzenallee hin zum Haus der Gebäudereinigerinnung Berlin in der Paul-Robeson-Straße. Die Demonstrierenden trommelten auf bunte Putzeimer und bliesen in Trillerpfeifen, immer wieder skandierten sie „Zwölf Euro müssen sein, sonst moppt ihr bald allein“.

Forderungen wurden abgelehnt

Unterstützung bekamen die Teilnehmenden von der Initiative [1][„Schule in Not“], die sich für saubere Klassenräume einsetzt, sowie den Berliner Bundestagsabgeordneten Pascal Meise (Linke) und Cansel Kiziltepe (SPD). „Die Pandemie hat gezeigt, dass ohne euch nichts läuft. Sauberkeit rettet leben, und Sauberkeit hat seinen Preis“, rief Kiziltepe vom Lautsprecherwagen.

2019 hatte die IG Bau bereits mehr Urlaub für Reinigungskräfte ausgehandelt sowie höhere Wochenend- und Feiertagszuschläge. Seit Juni wird der Tarifvertrag zwischen der Gewerkschaft und dem Bundesinnungsverband des Gebäudereiniger-Handwerks neu verhandelt. Neben einer Lohnerhöhung von 1,20 Euro auf 12 Euro pro Stunde fordert die Gewerkschaft ein Weihnachtsgeld sowie monatlich 100 Euro mehr für Auszubildende.

Diese Forderungen hatte der Verband zuletzt abgelehnt. Die Begründung: Kunden wollten in Zeiten von Corona nicht mehr Geld für Reinigungen aufbringen.

Dabei sind es die Reinigungskräfte, die in der Pandemie härter denn je arbeiten und täglich ihre Gesundheit riskieren. 1,20 Euro mehr pro Stunde wären da eigentlich das Mindeste, um diesen Einsatz anzuerkennen. Am 20. Oktober in Köln geht die Tarifverhandlung weiter.

16 Oct 2020

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Rieke Wiemann

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