taz.de -- Kanzleramt gegen Gesetzentwurf: Doch kein Recht auf Homeoffice

Es gibt Widerstand gegen den Vorstoß von Arbeitsminister Hubertus Heil für ein Recht auf Homeoffice. Das Kanzleramt stellt sich offenbar dagegen.
Bild: Also doch wieder zurück ins Büro

Berlin taz | Der [1][Widerstand gegen den Gesetzentwurf von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD)] für ein Recht auf Homeoffice reicht offenbar bis in die höchsten Ebenen der Regierung. Das Bundeskanzleramt sehe den Entwurf des Bundesarbeitsminister „als nicht geeignet für die weitere Abstimmung zwischen den Bundesministerien“ an, wie die Nachrichtenagentur dpa am Dienstagnachmittag meldete. Die Begründung lautete: Im Koalitionsvertrag stehe explizit ein Auskunftsrecht, jedoch kein Rechtsanspruch auf Homeoffice. Ohne die Ressortabstimmung wäre Heils Gesetzesinitiative gescheitert. Denn die Abstimmung steht bei der Einbringung eines Gesetzentwurfs vor dem formalen Beschluss des Bundeskabinetts.

Hubertus Heil (SPD) hatte am [2][vergangenen Wochenende für Aufsehen] gesorgt, als er mit der Bild am Sonntag über seinen fertigen Gesetzentwurf für das „Mobile-Arbeit-Gesetz“ gesprochen hatte. Geplant war, dass Arbeitnehmer:innen bei einer Vollzeitstelle künftig einen Rechtsanspruch auf 24 Tage Homeoffice im Jahr haben – sofern keine betrieblichen Gründe dagegen sprechen und die Tätigkeit dafür geeignet ist.

Nach Heils Ankündigung hagelte es Kritik aus Teilen der Union und der Wirtschaft. Der Vorsitzende der Unions-Mittelstandsvereinigung MIT, Carsten Linnemann (CDU), lehnte den Vorstoß mit der Begründung ab, dass viele Mittelständler:innen derzeit ums Überleben kämpften. „Neue Auflagen sind das Letzte, was sie gebrauchen können“, warnte er. Auch Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) wandten sich gegen einen Rechtsanspruch auf Homeoffice.

Noch viel zu beraten

Wie es nun weitergeht, ist unklar. Regierungssprecher Steffen Seibert äußerte sich am Mittwoch in der Bundespressekonferenz nur vage: „Fest steht, dass es im Koalitionsvertrag eine Verabredung der Koalitionspartner gibt, das Thema Mobiles Arbeiten zu fördern und zu erleichtern und dass dafür ein rechtlicher Rahmen geschaffen werden soll. Über die konkrete Umsetzung dieses Vorhabens wird noch viel zu beraten sein.“

Auch das Bundesarbeitsministerium hielt sich bedeckt. Auf Anfrage bestätigte es zwar, dass ihnen eine Stellungnahme des Kanzleramts vorliegt, gab aber keine Auskunft zum Inhalt. „Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales bleibt bei der Auffassung, dass ein moderner Arbeitsmarkt einen modernen Ordnungsrahmen braucht“, sagte eine Sprecherin. Das Ministerium setze „auf konstruktive Gespräche auf Regierungsebene“.

SPD-Fraktionsvize Katja Mast gab sich trotz allem gelassen. „Ich gehe davon aus, dass das Recht auf mobiles Arbeiten kommt. Wir sind es seit Jahren gewohnt, dass die CDU erst mal auf die Bremse tritt, wenn es um mehr Rechte für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geht. Das haben wir auch bei der Brückenteilzeit erlebt. Heute ist sie Gesetz“, sagte sie der taz.

7 Oct 2020

LINKS

[1] /Gesetzentwurf-fuer-Recht-auf-Homeoffice/!5715984
[2] /Pro-und-Contra-zum-Recht-auf-Homeoffice/!5718420

AUTOREN

Jasmin Kalarickal

TAGS

Homeoffice
Bundeskanzleramt
Hubertus Heil
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Coronavirus
Homeoffice
Schwerpunkt Coronavirus
Homeoffice

ARTIKEL ZUM THEMA

Corona und mobiles Arbeiten: Bis Ende Juni allein zu Haus

Finanzminister Olaf Scholz lehnt eine vorzeitige Aufhebung der Homeoffice-Pflicht ab. Unternehmen hatten dies gefordert.

Arbeiten nach der Pandemie: Coworking statt Homeoffice

Das Teilen gemeinsamer Arbeitsräume kombiniert die Vorteile von Büro und Homeoffice. Arbeitsschutz und Vereinbarkeit bleiben gewährleistet.

Homeoffice in den Niederlanden: Schöne neue Thuiswerk-Welt

Schon vor der Pandemie war Arbeiten von zu Hause in den Niederlanden verbreiteter als anderswo. Das liegt auch an kulturellen Besonderheiten.

Finanzcasino aufgrund von Corona: Wenn Büros leer stehen

Dank Corona kommt das Homeoffice in Mode. Städter können aufs Land ziehen, Firmen ihre Büros verkleinern. Bei Immobilienfonds ändert sich alles.

Homeoffice in der Coronapandemie: Arbeitgeber fürchten Folgen

In der Coronapandemie ist es beliebt und vernünftig, zu Hause zu arbeiten. Doch schon jetzt wird darum gerungen, wie es danach weitergeht.