taz.de -- Die Wahrheit: Der Gipfel der Endlager

Donnerstag ist Gedichtetag auf der Wahrheit: Heute darf sich die geneigte Leserschaft an einem Poem über den höchsten Atommüllberg erfreuen.

Als der Herr die Alpen schuf,

kam von unten deutsch der Ruf:

„Leg noch eine Schippe drauf!

Hör nicht mit dem Watzmann auf!“

Doch der Herrgott ließ mitnichten

sich zum Höhenwahn verpflichten

und beschloss beim Zugspitzgipfel:

„Ich pfeif auf den letzten Zipfel“

Seitdem lässt sich nicht verhehlen:

Achtunddreißig Meter fehlen

am Dreitausendmeterziel –

eigentlich ja gar nicht viel.

Dazu kommt jetzt die Debatte,

wie man sie seit ewig hatte,

mit der neu gestellten Frage

nach der Endatommülllage.

Wieder will sie keiner haben

und lässt ungern bei sich graben.

Also muss das Zeug hinauf –

irgendwo auf Berge drauf!

Wo denn türmten sich die Fässer

da touristischer und besser

als hoch auf der Zugspitzplatte

über trister Almenmatte?

Mit den Drahtseilbahnen lassen,

weil da gut vier Stück reinpassen,

Fässer sich fix aus den Tiefen

steil hinauf zum Gipfel hieven.

So löst sich nicht nur bequem

dieses alte Müllproblem,

nein, es wird dadurch auch leicht

der Dreitausender erreicht.

Das ist klassisches Win-Win –

und sogar ein Drittes drin!

Wenn der Stapel kippt, dann wohl

Westwand runter nach Tirol.

Das wär nicht mal Hinterhalt,

sondern höhere Gewalt

und für Babykanzler Kurz

prima Fels- und Fässersturz.

1 Oct 2020

AUTOREN

Reinhard Umbach

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