taz.de -- Aerosole in Zeiten von Corona: Meine Luft, Deine Luft
Kleine schwebende Partikel und Tropfen können lange ansteckend sein, sagen Experten. Das führt zu einer neuen Vermessung des Luftraums.
Aerosol, das klingt so schön nach Luft und nach Sonne. Und wenn man das Wort ein wenig verdreht – Sol-Aero –, sogar nach Eis am Stiel. Aerosole waren bislang Inbegriff von Leichtigkeit, kleinste schwebende Teilchen, die so wenig wiegen, dass sie in der Luft stehen bleiben. Sie können fest sein oder flüssig, winzige Partikel oder Tröpfchen, Rauch oder Nebel.
Bis vor Kurzem hat sich niemand so richtig für die Mikroteilchen interessiert, doch jetzt sind sie in aller Munde – und genau hier liegt das Problem: Aerosole werden aus- und eingeatmet und mit ihnen die Viren. Sie könnten maßgeblich zur Ansteckung mit Corona beitragen, [1][wie uns die Experten inzwischen erklären]. Tröpfchen, die in die Außenwelt gehustet oder geniest werden, sinken schnell auf den Boden ab. Aerosole jedoch sind unberechenbarer: Sie wabern herum, teilweise stundenlang. Und sie halten sich an keine 1,50-Meter-Abstandsregel.
So beginnt eine neue Vermessung des Luftraums. Atme ich gerade deine Luft? Oder kann das meine sein? Riecht es nach Parfum? Oder Rauch? Dann lieber schnell nicht atmen, die Sekunden runterzählen, um die nächste Ecke verschwinden – und wieder Luft holen. Auf dem Bürgersteig geht das ganz gut, in engeren Räumen wird es schwierig.
Nach Türklinken-mit-dem-Ellenbogen-Öffnen, Immer-schön-Ausweichen und Masken-Tragen legen wir uns also noch eine neue Gewohnheit zu: die Schnappatmung. Und Fenster öffnen: Denn gegen Problem-Aerosole in der Luft hilft am besten andere Luft.
22 May 2020
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