taz.de -- Die Wahrheit: Die Stunde der Metaphern
Donnerstag ist Gedichtetag auf der Wahrheit. Heute darf sich die Leserschaft an einem Poem über windschiefe Sprachbilder in der Politik erfreuen.
Um Unsagbares zu benennen,
muss man den deutschen Sprachschatz kennen,
den, gleich dem Rheingold tief vergraben,
die Alten überliefert haben.
Und wenn das Furchtbare geschieht,
greift wer zum Spaten und man sieht,
wie die Metaphern selt’nen Erden
vergleichbar ausgebuddelt werden.
Seit Tagen ist der Dammbruch da
und keiner weiß, wie es geschah,
dass, was am seid’nen Faden hing,
so vollends in die Hose ging,
die rote Linie überschritt
und dem Tabu Grimassen schnitt.
Wer wollte da zu neuen Ufern
und hat den einsamen, den Rufern,
das Steuer aus der Hand gerissen
und ohne Anflug von Gewissen
den klaren Kurs vorerst verlassen,
um sich dem Mahlstrom anzupassen?
Wer wird die Reißleine nun ziehen
und die Verantwortung nicht fliehen,
wer hat die Übersicht und Nerven,
den Hut auch in den Ring zu werfen,
statt einfach nur stumm zuzuschauen
und praktisch in den Sack zu hauen?
Geht auch die Kanzlerin von Bord
und gilt noch das gesproch’ne Wort,
wenn alles übern Jordan geht
und vieles Spitz auf Knopfloch steht?
Dann sollte wohl die Wacht am Rhein
der Phönix aus der Asche sein!
Und Hokuspokus fidibus
ist es wohl ein Arminius!
13 Feb 2020
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