taz.de -- Die Wahrheit: Spröder leben ohne Queen

Tagebuch einer Ex-Royalistin. Der „Tag des Griesgrams“ lässt einige Damen die Tassen heben und fragen: Warum gibt es keine Griesgräminnen?

Vor ein paar Tagen traf ich mich mit zwei Freundinnen, um in den „Curmudgeons Day“ reinzufeiern, den „Tag des Griesgrams“, der jedes Jahr zu Ehren des Comedians, Filmregisseurs und Vaters aller Griesgrame W. C. Fields begangen wird. Als gestählte Einwohnerinnen einer ausgewiesenen Motzermetropole entwickelten wir mit zunehmendem Alkoholkonsum die Vision einer Mega-party, bei der alle sozialkompatiblen Berliner die Prachtstraße von der Goldelse bis zum Alex den Miesepetern überlassen und der Tiergarten statt von dröhnenden Technobässen vom Skandieren der Party-Crowd widerhallt: „Miese Stimmung macht uns stark, / wir ziehn bis in die Uckermark!“

Selbstverständlich passierte am folgenden Tag nichts dergleichen, denn der gemeine Stinkstiefel findet ja schon am Datum was zu meckern. Januar? Echt jetzt? Scheißidee! Zu kalt, zu nass, muffel ich doch lieber in der U-Bahn, im Büro oder zu Hause meine Mitmenschen an. Getreu nach Fields’ Bekenntnis: „Ich habe keine Vorurteile. Ich hasse alle gleichermaßen.“

Interessanterweise existiert – ja, wir haben den Duden befragt – keine Griesgrämin, was uns nicht wirklich verwundert. „Aber die Queen“, rief plötzlich eine der Freundinnen, die sich gerade mit der Serie „The Crown“ ins Koma glotzt, „die ist die ultimative Miesepetra! Diese runtergezogenen Mundwinkel!“

Und schon waren wir mittendrin im Buckingham Palace und verglichen Her Majestys Einfluss auf unsere bescheidenen Bürgerinnenleben. Als Siebenjährige vertraute ich der von meiner Oma verbreiteten Nachricht ihrer Lieblingsfrauenzeitschrift, Her Highness wüsche ihre zarte Haut ausschließlich mit Regenwasser. Ich sah meine Bestimmung als Trägerin einer Krone und wollte meinen Namen gegen Elisabeth eintauschen, nachdem lustige Mitschüler mich gefragt hatten, wo denn bei mir der Zapfhahn sei: „Du heißt doch ‚Bier‘? Oder?“

Im Laufe meiner Jugend wandelte ich mich dann doch noch von der überzeugten Royalistin zur glühenden Verfechterin der Republik, und inzwischen hoffe ich nur noch, Ma’am möge, egal wie, mindestens 130 werden, damit ich in Ruhe vor ihr sterben kann. Ein Leben ohne die Queen ist zwar möglich, aber verunsichernd, ich habe plötzlich eine Vorstellung, warum Menschen, die nichts anderes kannten, nach dem Ende der 16-jährigen Ära Kohl jeden Halt verloren und dem Alkohol verfielen.

Apropos, bald sind die nächsten sechzehn voll. Wir einigten uns auf Olivia Colman als Idealbesetzung für die Serie „Angela, Mädchenjahre einer Kanzlerin“. Sie kriegt nicht nur hängende Mundwinkel, sondern auch überraschende Charme-Ausbrüche ansonsten eher spröder Charaktere sehr gut hin.

Am Curmudgeons Day selbst versauten wir dann wegen massiven Hangovers das bislang griesgräminnenfreie Geschlechterverhältnis, aber das ist längst vorbei, ehrlich!

30 Jan 2020

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Pia Frankenberg

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