taz.de -- Pet Shop Boys über Berlin: Von Suburbia nach Hotspot

Grooven que(e)r durch die Stadt: Die britischen Popveteranen machen ihr neues Album „Hotspot“ zur Hommage an Berlin.
Bild: Lieben Berlin: die Pet Shop Boys

So passend, dass die Pet Shop Boys ausgerechnet die U-Bahn-Linie 1 gewählt haben! Auf dem ersten Track auf ihrem gerade erschienenen Album „Hotspot“ fahren sie „from Uhland to Warschauer Straße“, wie sie in „Will-o-the Wisp“ verraten.

Und ganz in der Nähe der Warschauer Straße sind ja auch viele Orte, die die [1][Auch-Berliner Pet Shop Boys] besonders schätzen: die Monster Ronsons’s Karaoke Bar, das Astra für Konzerte und das Berghain, wo auch mal die von den Pet Shop Boys keineswegs betriebene, aber gern frequentierte Partyreihe „Pet Shop Bears“ gastierte, mit „Schwulipop deluxe“, wie es auf der Berghain-Seite hieß.

Vor allem aber passt die U1 deshalb besonders gut zu den Pet Shop Boys, weil diese Linie selbst ein Zwitter ist: irgendwie schon noch underground (von Uhlandstraße bis Kurfürstenstraße) – im Grunde aber natürlich längst nicht mehr untergründig (von Gleisdreieck bis Warschauer Straße).

Ein bemerkenswertes Detail in diesem Zusammenhang ist, dass am Nollendorfplatz, wo sich die U1 sozusagen noch unter der Erde versteckt (bevor sie dann später am Gleisdreieck ihr „Coming-out“ hat), einer der größten Schriftsteller des 20. Jahrhunderts gelebt hat: Christopher Isherwood – der sein Schwulsein ebenfalls noch versteckt hat in seinem Berliner Episoden-Roman „Goodbye to Berlin“ (1939). Später schrieb er etwa in „A Single Man“ (1964) eine schwule Hauptfigur und outete sich selbst, spätestens mit seiner Autobiografie „Christopher And His Kind“ (1976). Auch dieses zögerliche Coming-out ist ja eine Parallele mit den Pet Shop Boys.

Obendrein ist die U1 wochenends eine richtige Partylinie, mit all den Club-Kids auf ihrem Weg zu den Tanzböden. Und eine Partylinie sind auch die Pet Shop Boys, weil sich ihre Songs so gut wie keine sonst zum Vorglühen eignen. Aber die U1 ist sogar unter der Woche und tagsüber ein prima Ort, um Menschen kennenzulernen, denn man sitzt ja schon sehr dicht beieinander. So viel Blickkontakt gibt’s ansonsten vielleicht nur, wenn man zusammen „It’s a Sin“ der Pet Shop Boys schmettert. Vielleicht im SchwuZ oder im SO36.

Aufgenommen in den Hansa Studios

Ja, die Pet Shop Boys. Sie haben das neue Album in Berlin aufgenommen. In den Hansa Studios nahe am Potsdamer Platz, wie seinerzeit [2][David Bowie]. Der Videoclip zur Power-Disco-Hymne „Dreamland“ ist im U-Bahnhof Alexanderplatz entstanden.

Und „Hotspot“ endet auch in Berlin, wo es begonnen hat: „Wedding in Berlin“ heißt der finale Track. Allen Menschen in Wedding, die jetzt befürchten, dass die Jungs aus der Tierhandlung singen würden, dass der Wedding nun aber wirklich kommt (und damit zwangsweise die Preise hochgetrieben werden), sei aber Entwarnung gegeben: Es geht nicht um den Stadtteil. Sondern um eine Hochzeit. Da hilft nur tanzen und Reis werfen!

24 Jan 2020

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AUTOREN

Stefan Hochgesand

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