taz.de -- Unruhen im Irak: Zahl der Toten steigt auf 93

Fast 4.000 Menschen wurden während der Proteste verletzt. Das Parlament hält eine Krisensitzung ab. Der schiitische Geistliche al-Sadr fordert den Rücktritt der Regierung.
Bild: Bagdad im Ausnahmezustand (Archivbild vom 3. Oktober)

Bagdad dpa/ap/rtr | Die Zahl der Toten bei den mehrtägigen Protesten im Irak ist weiter gestiegen. Seit Beginn vor vier Tagen seien 93 Menschen ums Leben gekommen, teilte die staatliche Menschenrechtskommission in Bagdad am Samstag mit. Demnach wurden fast 4.000 Menschen verletzt. Bei der überwiegenden Zahl der Opfer handele es sich um Demonstranten. Außerdem seien Dutzende Gebäude beschädigt worden.

In der Hauptstadt sowie in mehreren anderen Provinzen vor allem im Süden des Landes [1][waren am Dienstag Proteste gegen Korruption und Misswirtschaft ausgebrochen]. Sicherheitskräfte gingen mit Tränengas und Schüssen gegen die Demonstranten vor. 75 Prozent des Landes [2][wurden komplett vom Internet abgeschnitten]. Die Unruhen waren die schwersten seit 2017, als der Irak den Sieg über den sogenannten Islamischen Staat erklärt hatte.

Am Samstag will das Parlament zu einer Krisensitzung zusammenkommen. Regierungschef Adel Abdel Mahdi hob am Morgen zudem die Ausgangssperre auf, die vor zwei Tagen begonnen hatte, wie die staatliche Agentur INA meldete.

Die Sicherheitsvorkehrungen in Bagdad blieben jdeoch auf hohem Niveau, während Straßen und Plätze wieder für den Verkehr geöffnet wurden. Mitarbeiter der Stadtreinigung säuberten die Straßen von Geschosshülsen und anderen Spuren der vorangegangenen Konfrontationen.

UN-Generalsekretär António Guterres rief die Regierung und die Demonstranten zu einem Dialog auf. Alle Beteiligten müssten „äußerste Zurückhaltung“ zeigen, erklärte er in New York.

Der [3][Druck auf die Regierung wächst zugleich weiter]. Der einflussreiche schiitische Geistliche Muktada al-Sadr forderte ihren Rücktritt. Sein Block hatte bei der Parlamentswahl im vergangenen Jahr die meisten Sitze im Parlament gewonnen und die Regierung bislang unterstützt.

5 Oct 2019

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