taz.de -- Aktuelle Stunde zum Hambacher Forst: „Ich wollt' den Wald räumen“
Unter einem „Vorwand“ habe die Hambach-Räumung stattgefunden. Das sagt NRW-Ministerpräsident Armin Laschet in einem Video.
Düsseldorf taz | Auch am globalen Klima-Aktionstag hat Nordrhein-Westfalens CDU-Ministerpräsident Armin Laschet den massiven Polizeieinsatz zur Räumung des Hambacher Walds im September 2018 verteidigt. Es habe ein „rechtswidriger Zustand“ bestanden, der „nicht zu akzeptieren“ gewesen sei, sagte der Regierungschef am Freitag in einer Aktuellen Stunde des Düsseldorfer Landtags.
Laschet begründete dies mit angeblicher Gewalt von Klimaaktivist*innen. Von der rot-grünen Vorgängerregierung seien „Steinwürfe“ und „Schüsse mit Zwillen“ jahrelang geduldet worden. Umweltschutzorganisationen, SPD und Grüne werfen Laschets Kabinett dagegen vor, nur die Interessen des Stromkohlekonzerns RWE bedient zu haben, der um jeden Preis an die Braunkohle unter dem Wald kommen wollte, [1][deren Verstromung als extrem klimaschädlich bekannt ist.]
Auf ein im Internet kursierendes Video, in dem Laschet zugibt, der immer wieder als Räumungs-Begründung angeführte fehlende Brandschutz der Baumhäuser der Waldbesetzer*innen sei nur ein „Vorwand“ gewesen, ging er dagegen nur kurz ein. Dieses Video sei „illegal aufgenommen“ worden, klagte der Ministerpräsident. Dabei bezog sich Laschet wohl auf die im Strafgesetzbuch festgeschriebene Vertraulichkeit des Wortes, nach der nichtöffentliche Gespräche nicht mitgeschnitten werden dürfen.
„Ich brauche auch einen Vorwand, sonst kann man doch nicht tätig werden. Ich wollt' den Wald räumen“, sagt Laschet im Ton der nur 37 Sekunden langen Filmsequenz, die offenbar von Klimaaktivist*innen Anfang September nach einer CDU-Veranstaltung in Düren im rheinischen Braunkohlerevier aufgenommen wurde. Dem Regierungschef scheint tatsächlich nicht klar gewesen zu sein, dass seine Worte dokumentiert werden: Das Bild zeigt nicht Laschet, sondern nur den Boden und die Füße der Diskutierenden.
WDR weist Zensurvorwürfe von sich
Der WDR, dem das Video zuerst zugespielt worden war, hatte zunächst einen ausführlichen Hörfunk-Beitrag online gestellt, diesen dann aber zurückgezogen – und sah sich im Netz prompt mit Zensurvorwürfen konfrontiert. Diese dementierte eine Sprecherin des öffentlich-rechtlichen Senders mit aller Deutlichkeit: Druck habe weder Laschets Staatskanzlei noch sonstwer ausgeübt.
Stattdessen sei man der Meinung gewesen, eine „angemessene Einordnung“ der Aussagen Laschets sei nicht möglich, ohne das Video selbst zu senden – und das sei wegen der Illegalität der Aufnahmen „aus rechtlichen Gründen nicht möglich“. Ab Donnerstagabend war das Video dann aber doch Thema im WDR-Fernsehen, im Hörfunk und im Twitterkanal des WDR-Politmagazins Westpol – auch ohne die Originalquelle zu zeigen.*
Ein Sprecher der Staatskanzlei betonte, der Regierungschef habe das Wort „Vorwand“ nur aufgreifen wollen, „ohne sich den Begriff zu eigen zu machen“. Außerdem habe Laschet in dem Gespräch deutlich gemacht, dass auch er den Wald heute retten wolle.
In der Landtagsdebatte forderte SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty, der Ministerpräsident müsse endlich erklären, welche Rolle er selbst bei der Räumung gespielt habe. Bisher gilt vor allem sein [2][Innen- und Polizeiminister Herbert Reul als Scharfmacher]. Auch die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Monika Düker, warf Laschet vor, nur auf „Konfrontation“ gesetzt und sich zum „Interessenvertreter“ von RWE gemacht zu haben.
- Wir haben die Passage zur Berichterstattung des WDR am Samstag präzisiert und aktualisiert.
20 Sep 2019
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