taz.de -- Hummergate in Frankreich: Luxusweine und Meeresgetier

Umweltminister François Goullet de Rugy soll als Parlamentspräsident mit privaten Freunden fürstlich diniert haben. Muss er zurücktreten?
Bild: Aßen Hummer auf Staatskosten: François Goullet de Rugy und Ehefrau Severine Servat

Paris taz | Das französische Online-Magazin Médiapart kann in der Galerie der Jagdtrophäen oder „Opfer“ seiner Enthüllungen demnächst ein weiteres Prominentenporträt aufhängen. Unter Beschuss steht dieses Mal der derzeitige Umweltminister François Goullet de Rugy.

Obwohl er vorerst noch von Präsident Emmanuel Macron und Premierminister Edouard Philippe gedeckt wird, soll sein Rücktritt laut dem Getratsche in der Cafeteria der Nationalversammlung und vor allem für seine Ex-ParlamentskollegInnen der Grünen nur noch eine Frage der Zeit sein.

Ihre Schadenfreude ist umso größer als der 1973 in Nantes geborene Rugy die Gruppierung Europe-Ecologie-les Verts verlassen hat, um sich zum großen Vorteil für seine politische Laufbahn Macron und dessen Partei „La République en marche“ anzuschließen.

Er wurde 2017 nach Macrons Wahl mit dem sehr begehrten Vorsitz der Nationalversammlung bedacht, und als 2018 der populäre Nicolas Hulot frustriert als Staatsminister für Umwelt und Energiewende den Bettel hinschmiss, erbte der exgrüne Überläufer dieses wichtige Regierungsamt.

Thema für Witze

Seit zwei Tagen ist das Ungemach des Umweltministers vor allem ein Thema für Witze, in denen manchmal auch ein neidischer Unterton anklingt. Die sukzessive publizierten Enthüllungen von „Mediapart“ über Galadiners inspirieren zu Bemerkungen wie „Minister über Riesenhummer gestolpert“.

Laut dem Online-Magazin habe Rugy als Präsident der Nationalversammlung in seiner prunkvollen Amtsresidenz Hôtel de Lassay, die einen der besten Weinkeller der Hauptstadt besitzen soll, private Freunden zu fürstlichen Diners empfangen.

Auf Fotos der festlichen Menüs sind die Riesenhummer oder auch Flaschen kostbarer Weine zu sehen, die den auserlesenen Gästen aus dem engen Freundeskreis seiner Frau Sévérine Servat, einer Journalistin der Illustrierten Gala, serviert wurden.

Ob das noch als Spesen für Öffentlichkeitsarbeit zu rechtfertigen ist, bleibt umstritten. Kompromittierend sind solche Szenen in Zeiten, da die meisten den Gürtel enger schnallen müssen, allemal.

Nur die Vorspeise

Doch die Bilder einer Schlemmerei auf Staatskosten waren quasi nur die Vorspeise. Noch bevor Rugy reagieren konnte, berichtete Mediapart Schlag auf Schlag, dass er nach seiner Ernennung zum Minister für insgesamt 63.000 Euro seine Dienstwohnung im Umweltministerium renovieren ließ, wovon angeblich 17.000 allein für ein begehbarer Kleiderschrank ausgegeben wurden.

Der Minister wurde deswegen vom Premierminister zu einer Aussprache vorgeladen, er hat danach versprochen, er werde „jeden einzelnen Euro zurückerstatten“, falls sich bei der angeordneten Untersuchung herausstellen sollte, dass diese Ausgaben unzulässig waren.

Dann erfuhr die Öffentlichkeit immer aus derselben Quelle, dass Rugys Kabinettchefin im Ministerium, Nicole Klein, von 2008 bis 2016 in Paris eine Sozialwohnung zur Verfügung stand, die ihr nicht zustand. Rugy hat sie deswegen umgehend gefeuert und hoffe so selber aus der Schusslinie zu kommen.

Laut Mediapart aber mietete auch er selber immer noch eine Zweizimmer-Sozialwohnung mit Autogarage in Nantes für den Vorzugspreis von 622 Euro.

Das Blatt Le Parisien könnte dem wie ein angezählter Boxer taumelnden Minister womöglich den Gnadenstoß versetzen: Als Vorsitzender der Nationalversammlung habe Rugy, was unüblich sei, einen dritten Chauffeur (der die Kinder in die Schule bringen musste) beansprucht. Und seine Frau Sévérine habe auf Kosten der Steuerzahler einen vergoldeten Haartrockner im Wert von 499 Euro bestellt, berichtet die Pariser Zeitung.

12 Jul 2019

AUTOREN

Rudolf Balmer

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