taz.de -- 25 Jahre Fährschiff-Inferno „Estonia“: Alle Zivilklagen abgewiesen
Für Überlebende und Angehörige des „Estonia“- Untergangs von 1994 ist das Urteil ein Schock: Den Beklagten sei kein grobes Verschulden nachzuweisen.
STOCKHOLM taz | Die Frage nach der Verantwortung für den Untergang des Fährschiffs „Estonia“, der schwersten europäischen Schiffskatastrophe der Nachkriegszeit, bleibt auch 25 Jahre später ungeklärt. Ein Gericht im französischen Nanterre verneinte am Freitag Schadensersatzforderungen von Überlebenden und Opferangehörigen gegen die Meyer-Werft in Papenburg, die die „Estonia“ 1980 gebaut hatte und die französische Klassifizierungsgesellschaft „Bureau Veritas“. Den Beklagten sei kein grobes oder vorsätzliches Verschulden nachzuweisen gewesen.
Die „Estonia“ war am 28. September 1994 auf der Fahrt von Tallinn nach Stockholm in schwerem Sturm untergegangen, 852 Menschen kamen ums Leben. Wahrscheinliche Ursache seien technische Mängel gewesen, [1][konstatierte 1997 eine internationale Havariekommission][2][[Link auf http://onse.fi/estonia/conten.html]]. Da aber nicht gegen zum Bauzeitpunkt der „Estonia“ geltende Sicherheitsvorschriften verstoßen worden war, lehnte die schwedische Staatsanwaltschaft 1998 eine Anklage ab gegen mögliche Verantwortliche wie Schiffsbesatzung, Reederei, Meyer-Werft, „Bureau Veritas“ oder auch gegen die Seefahrtsbehörden, die für die Betriebserlaubnis und Sicherheitskontrollen zuständig waren. Materiellen Schadensersatz für Opfer und Hinterbliebene zahlte die Reederei-Versicherung.
Forderungen nach Ersatz für immaterielle Schäden wie Traumata und andere psychische Belastungen, hatten schwedische Gerichte zuvor wegen fehlender Rechtsgrundlage abgewiesen. Dieser Schadenersatz war jetzt Thema in Nanterre gewesen, dem Sitz von „Bureau Veritas“. Die momentane juristische Entscheidung muss nicht das letzte Wort sein: Höhere Gerichtsinstanzen können sie anfechten.
19 Jul 2019
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