taz.de -- Grüner klagt wegen Maut gegen Scheuer: Her mit allen Verträgen

Stephan Kühn will den Verkehrsminister dazu zwingen, die gekündigte Vereinbarung mit den Pkw-Maut-Betreibern öffentlich zu machen.
Bild: Leicht konsterniert: Vekehrsminister Scheuer

Berlin taz | Der Bundestagsabgeordnete Stefan Kühn (Grüne) klagt gegen Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), um die Veröffentlichung der [1][Verträge mit den Pkw-Maut-Firmen] Kapsch TrafficCom und CTS Eventim durchzusetzen. Am Montag hat Kühn beim Berliner Verwaltungsgericht eine Eilentscheidung zur Offenlegung der Verträge beantragt. „Alle Verträge, die der Bund im Zuge der Pkw-Maut geschlossen hat, müssen auf den Tisch“, forderte Kühn.

Hintergrund ist das Desaster um das [2][gescheiterte CSU-Projekt einer Pkw-Maut], die faktisch nur für AusländerInnen gelten sollte. Dieses Vorhaben hat der Europäische Gerichtshof kassiert. Das Bundesverkehrsministerium hatte, ohne dieses Urteil abzuwarten, Verträge mit zwei Firmen über den Aufbau der Infrastruktur geschlossen. Deshalb steht Scheuer jetzt unter Druck. Die Verträge seien unterzeichnet worden, „um erhebliche Einnahmen aus der Infrastrukturabgabe entsprechend der Finanzplanung so schnell wie möglich sicherzustellen“, heißt es aus dem Ministerium.

Die Pkw-Maut sollte nach Berechnungen des Ministeriums ab 2021 rund 500 Millionen Euro im Jahr einspielen. Stattdessen wird sie viel Geld kosten. Allein die Berater- und Gutachtenkosten für das gescheiterte Projekt liegen in zweistelliger Millionenhöhe. Offen ist, wie hoch die Entschädigung ist, die der Bund möglicherweise an die beiden Firmen zahlen muss. Die könnte im dreistelligen Millionenbereich liegen. Der Bund hat die Verträge zum 30. September gekündigt.

„Die Verträge liegen den Abgeordneten des Deutschen Bundestages seit dem 25. Juni 2019 komplett und ungeschwärzt vor“, sagte Minister Scheuer. Die Abgeordneten können zahlreiche Aktenordner mit Unterlagen zur Maut in der „Geheimschutzstelle“ des Bundestags einsehen. Sie dürfen aber keine Fotos und Notizen machen und keine ExpertInnen mitnehmen. Außerdem dürfen sie über den Inhalt nicht sprechen.

Berufung auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse

Das Bundesverkehrsministerium habe die Betreiber aufgefordert, einer Offenlegung des gesamten Vertrages auch auf der Homepage des Bundesministeriums zuzustimmen, sagte Scheuer. „Sie haben dies unter Berufung auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse explizit abgelehnt.“

Für den grünen Abgeordneten Kühn ist das vorgeschoben. „Das Parlament und die Öffentlichkeit müssen wissen, auf welcher Grundlage Andreas Scheuer zweifelhafte Milliardenaufträge vergab und wie groß genau das Millionengrab Pkw-Maut für den Bund wird“, sagt Kühn. Bereits im Januar hatte er einen Antrag auf Veröffentlichung gestellt. Seinerzeit hatte das Verkehrsministerium nachgefragt, ob das auch mit Schwärzungen möglich sei. Der Grüne hätte gegen Schwärzungen bei Geschäftsgeheimnissen oder persönlichen Angaben keine Einwände gehabt. Trotzdem hat das Ministerium die Verträge bislang nicht offengelegt. Dagegen hat Kühn jetzt vor dem Berliner Verwaltungsgericht geklagt.

Die CSU will das Thema Maut zumindest in Berlin nicht weiterverfolgen. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder will nach dem Scheitern der AusländerInnen-Maut keine deutschen Alleingänge mehr in Sachen Maut. Er plädiert für eine europäische Lösung. „Entweder Maut für alle oder gar keinen“, sagte er am Montag.

Die Haltung der CSU stößt auf Kritik des ökologischen Verkehrsclubs VCD. Europa dürfe nicht als Vorwand herhalten, um nichts zu tun, sagte VCD-Verkehrsexperte Michael Müller-Görnert. Eine europäische Lösung für eine Pkw-Maut sei zwar sinnvoll. „Aber man muss nicht auf Europa warten“, sagte er. Grundsätzlich ist der VCD für eine entfernungsabhängige Pkw-Maut in Deutschland, um den Autoverkehr zu reduzieren. Die Einführung dauere aber lange, sagte Müller-Görnert. Eine schnell machbare Maßnahme, die für weniger Straßenverkehr sorgen würde, wäre die Einführung eines CO2-Preises.

15 Jul 2019

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AUTOREN

Anja Krüger

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