taz.de -- Klimacamp am Kanzleramt: „Wir machen den Anfang“

Über Pfingsten wird in Mitte ein Klimacamp aufgebaut. Die AktivistInnen wollen den zivilen Klimanotstand ausrufen, sagt Initiator Florian Betz.
Bild: Mehr tun gegen die Klimakrise: Plakat bei den Fridays For Future-Protesten in Berlin

taz: Herr Betz, Sie wollen am Pfingstwochenende ein Klimacamp auf der Wiese vor dem Kanzleramt aufschlagen. Was genau haben Sie vor?

Florian Betz: Wir werden Zelte aufschlagen, um auf die Klimakrise aufmerksam zu machen und zu sagen: Wir alle müssen anpacken, damit wir eine Lösung finden. Deswegen sind wir mittendrin. Wir setzen uns direkt zwischen Kanzleramt und Bundestag. Die Zivilgesellschaft und wir als Bürgerinnen und Bürger spielen eine wichtige Rolle im Staat und bei der Lösung der Zukunftsfragen, das wollen wir sichtbar machen.

Wie viele TeilnehmerInnen erwarten Sie?

Das lässt sich nicht gut vorhersagen, wir rechnen derzeit mit etwa 200.

Ihre Gruppe nennt sich We4Future. Gehören Sie zu den Fridays-for-Future-Protesten?

Nicht direkt, aber unsere Idee ist vor drei Monaten als Folge der Fridays-for-Future-Bewegung entstanden. Die Frage war: Wie schaffen wir es, mehr Bevölkerungsschichten einzubinden, den Schwung der Klimabewegung weiter aufzubauen, bis er eine Schwelle erreicht, dass er die notwendigen Konsequenzen zur Folge hat? Die Grundidee hatten ich und eine Freundin. Wir haben einen Aufruf gestartet, wer mitmachen will. Jetzt sind wir eine Gruppe von zwölf Menschen, die meisten kannten sich vorher nicht.

Ein Bündnis verschiedener Initiativen sammelt derzeit auch Unterschriften für eine Volksinitiative, damit in Berlin der Klimanotstand ausgerufen wird. Machen Sie da mit?

Nein, zu dem Bündnis gehören wir bislang nicht, aber sie werden auf dem Camp vertreten sein wie viele andere Gruppen aus der Klimabewegung.

Am Sonntag wollen Sie den zivilen Klimanotstand ausrufen. Was heißt das genau?

Das ist ein Bekenntnis, sein Handeln auszurichten auf die Lösung der Zukunftsfragen. Jede Person, die das macht, stellt sich drei Fragen: Wie kann ich meine Haltung sichtbar machen? Was sind meine Fähigkeiten und Ressourcen, die ich einbringen kann, um den Wandel aktiv mitzugestalten? Was brauche ich an Informationen oder Fortbildungen, um auf die Situation gut reagieren zu können? Wir wollen den zivilen Klimanotstand nach dem Camp in unterschiedliche Institutionen tragen, in WGs, aber auch in Schulen, Universitäten und Unternehmen. Jeder kann den Notstand erklären und damit sich selbst in die Pflicht nehmen, seine Kompetenzen einzubringen.

Das Ganze soll ein Selbstläufer werden?

Das wäre ideal. Aber wir planen auch, beratende Strukturen zu schaffen, um Menschen zu helfen, die das in ihre Institutionen tragen wollen.

Jetzt machen Sie erst mal das Camp. Die Berliner Polizei hat in der Vergangenheit allerdings Zelte bei Versammlungen, etwa von Flüchtlingen im Hungerstreik, verboten.

Die Versammlungszelte, in denen die Workshops stattfinden, wurden bewilligt. In denen darf auch übernachtet werden. Das heißt aber, dass die Zahl der Schlafplätze begrenzt ist auf zirka 50. Wir wollen auch kleine Zelte aufbauen. Das hat die Polizei aber verboten, da sind wir noch in einer gerichtlichen Auseinandersetzung.

An Pfingsten arbeiten sicherlich wenig Leute im Kanzleramt. Macht ein Camp dann überhaupt Sinn?

Wir richten uns nicht allein an die Politik, sondern an die gesamte Gesellschaft. Wir zeigen: Neben Kanzleramt und Bundestag gibt es auch uns. Wir haben Macht neben den anderen Mächten, die die Gebäude drum herum repräsentieren. Wir müssen nicht auf die Politik warten. Die Menschen können nach und nach selbst den Klimanotstand ausrufen. Und wir machen am Wochenende den Anfang.

7 Jun 2019

AUTOREN

Antje Lang-Lendorff

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Regine Günther

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