taz.de -- Kommentar Zölle auf EU-Auto-Importe: Trumps Waffe bleibt entsichert
Der US-Präsident erhebt vorerst keine Zölle auf europäische Auto-Importe. Das dürfte aber eher Kalkül sein als Vernunft.
Donald Trump ist wirklich gerissen. Der US-Präsident wird offenbar nicht wie ursprünglich vorgesehen in diesen Tagen festlegen, ob er [1][Zölle auf europäische Auto-Importe] erhebt oder nicht. Darüber möchte er erst in den kommenden sechs Monaten entscheiden.
Damit der Präsident überhaupt nach US-Recht die Möglichkeit hat, Zusatzabgaben auf europäische Autos zu erheben, musste er eine Expertise seines Handelsministeriums einholen. Eigentlich soll er bis zum kommenden Samstag eine Entscheidung fällen. Berichten zufolge will er aber die Vertagung des Beschlusses verkünden.
Das ist keine Entwarnung für die deutsche Autoindustrie. Es bedeutet: In den kommenden Monaten werden Zölle von 25 Prozent auf Autoexporte in die USA europäischen PolitikerInnen und WirtschaftsvertreterInnen weiterhin als ständige Drohung vor Augen bleiben. Trump hat dafür gesorgt, dass seine schärfste Waffe im transatlantischen Handelsstreit entsichert bleibt.
Das macht seine Position viel stärker als es eine jetzige Verhängung der Autozölle getan hätte. Trumps Ziel ist, im Tausch gegen den Verzicht auf Autozölle den europäischen Markt für US-Landwirtschaftsprodukte zu öffnen. Die EU-Mitglieder stehen unterschiedlich dazu. Die französische Regierung ist dagegen, die deutsche will unbedingt die Autobranche schützen.
Trump will Zeit gewinnen
Im Moment befindet sich die Trump-Administration in einem eskalierenden [2][Handelskonflikt mit China.] Den Regierungen in Washington und Peking bleiben nur wenige Wochen, um eine dramatische gegenseitige Zollverschärfung für sehr viele Waren zu verhindern.
Beide Seiten haben immense Zusatzzölle für Importe aus dem jeweiligen Land bereits beschlossen, aber die treten erst im Juni in Kraft beziehungsweise wenn die in China eingeschifften Waren die USA erreichen. Trump riskiert keinen Zweifrontenhandelskrieg. Kommt es zu einer Einigung mit China, kann er aggressiv gegenüber der EU auftreten – oder eben nicht, wenn der Streit anhält.
Der Konflikt mit China ist nicht der einzige Grund, warum Trump Zeit gewinnen will. Nach den [3][Wahlen zum Europäischen Parlament] am 26. Mai werden sich die politischen Verhältnisse in Brüssel und Straßburg ändern, die EU-Kommission wird neu zusammengesetzt. Handelskommissarin Cecilia Malmström will ihren Posten abgeben.
Die EU wird sich in den kommenden sechs Monaten politisch neu aufstellen und in dieser Phase nicht schlagkräftiger sein, als sie heute ist. Dann wird es darauf ankommen, ob die EU-Mitglieder – vor allem Frankreich und Deutschland – eine Linie gegenüber den USA finden oder sich von Trump gegeneinander ausspielen lassen.
16 May 2019
LINKS
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Wirtschaftminister Altmaier will den Zollstreit mit den USA beilegen. Sinnvoll sind seine Vorschläge nicht. Umweltfreundlich auch nicht.
Der CDU-Minister verspricht den USA den Abbau aller Industriezölle. Das kommt zur Unzeit. Brüssel reagiert verschnupft, Washington erhöht den Druck.
Indien setzte im Handelsstreit lange auf eine Beilegung durch Verhandlungen. Doch nun erhebt das Land Einfuhrzölle auf US-Güter.
Mexiko hat viele globale Konzerne angezogen. Der deutsche Autobauer will ein neues Werk eröffnen. Was, wenn die USA nun tatsächlich die Zölle erhöhen?
Zum fünften Mal ist ein Minderjähriger im Gewahrsam der US-Grenzschützer gestorben. Der 16-Jährige wurde offenbar nicht vorschriftsmäßig betreut.
Der Präsident erklärt den „nationalen Notstand“ für die Telekommunikationsbranche – und eskaliert den Handelsstreit mit Peking weiter.
Der drohende Handelskrieg mit den USA beschäftigt das Europaparlament. Die Abgeordneten einigen sich nicht auf eine gemeinsame Position zu Gesprächen.
Sind deutsche Autos eine Gefahr für die nationale Sicherheit? Na logisch. Und den Notstand könnte der US-Präsident auch erklären.
Die US-Zusatzzölle auf chinesische Importe heizen den Handelsstreit an. Gegenschläge sind dabei aber nicht die richtige Antwort.