taz.de -- Sorgen vor Gewalteskalation in Libyen: Haftar-Offensive vorerst gestoppt

Nach dem Vormarsch von General Haftar auf die Hauptstadt Tripolis stellt sich eine Miliz den Truppen entgegen. Am Abend berät der Sicherheitsrat.
Bild: Chalifa Haftar: Plant er, Libyens Hauptstadt einzunehmen?

Tripolis afp | Der Vormarsch von Truppen des abtrünnigen libyschen Generals Chalifa Haftar auf die Hauptstadt Tripolis ist offenbar vorerst gestoppt worden. Einheiten von Haftars sogenannter Libyschen Nationalen Armee (LNA) seien in der Nacht zu Freitag von einem Kontrollpunkt 27 Kilometer westlich von Tripolis vertrieben worden, hieß es aus Sicherheitskreisen der Hauptstadt.

Eine Miliz aus der Stadt Sawija habe die Stellung nach einem „kurzen Feuergefecht“ wieder eingenommen. Den Angaben zufolge wurden ungefähr zehn LNA-Kämpfer festgenommen und ihre Fahrzeuge beschlagnahmt.

Haftar ist der starke Mann im Osten Libyens und unterstützt mit seinen Truppen eine dort angesiedelte Gegenregierung zu der von Fajes al-Sarradsch geführten Einheitsregierung. Am Donnerstag befahl der General seinen Truppen, in Richtung der im Westen des Landes gelegenen Hauptstadt Tripolis vorzurücken.

Er versprach, Zivilisten, die „Institutionen des Staates“ und Ausländer würden verschont. Bereits am Mittwochabend hatte die LNA angekündigt, sich auf eine Offensive im Westen des Landes vorzubereiten, um die Region von „Terroristen und Söldnern“ zu säubern.

Die Ankündigung löste international Besorgnis aus. Die USA, Frankreich, Italien, Großbritannien und die Vereinigten Arabischen Emirate warnten vor einer militärischen Eskalation und drohten mit Konsequenzen. „Unsere Regierungen sind gegen jede militärische Aktion in Libyen und werden jedwede libysche Fraktion zur Rechenschaft ziehen, die weiteren Konflikt hervorruft“, hieß es in einer Erklärung.

Der UN-Sicherheitsrat in New York wird am Freitag (21.00 Uhr deutscher Zeit) hinter verschlossenen Türen zusammenkommen. UN-Generalsekretär Antonio Guterres, der sich derzeit in Libyen aufhält, rief bei einer Pressekonferenz in Tripolis zu einem Ende aller Truppenbewegungen und zur Deeskalation auf. „Es gibt in Libyen keine militärische Lösung. Die Lösung muss politisch sein.“

Milizen-Bündnis kündigt Widerstand an

Die Tripolis Protection Force, ein Bündnis von Milizen der Hauptstadt, hatte auf Facebook einen Einsatz angekündigt, um das Vorrücken der Libyschen Nationalen Armee zu stoppen. Auch Milizen aus der Hafenstadt Misrata wollten sich den Haftar-Einheiten entgegenstellen.

Eigentlich ist für Mitte April in der libyschen Oasenstadt Gadames eine Konferenz unter Vermittlung der UNO geplant, bei der nach einer politischen Lösung für das Krisenland gesucht werden soll. Der libysche Analyst Emad Badi sagte, mit dem Vormarsch seiner Truppen wolle Haftar womöglich seine Verhandlungsposition stärken.

Seit dem Sturz des Machthabers Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 herrscht in dem nordafrikanischen Land Chaos. Die Regierung in Tripolis ist schwach und hat weite Teile des Landes nicht unter Kontrolle.

5 Apr 2019

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