taz.de -- Kommentar AfD-Wahlparteitag in Sachsen: Hass und Hysterie

Beim Wahlparteitag erreichen die härtesten Rechtsausleger vordere Listenplätze. Man kann hoffen, dass die Radikalisierung die AfD stärker isoliert.
Bild: Jedem potenziellen AfD-Wähler müsste nun endgültig klar sein, wem er seine Stimme geben will

Deutlicher konnte die AfD Sachsen nicht vor sich selber warnen als bei der Aufstellung ihrer Kandidatenliste für die Landtagswahl, dass [1][die fortschreitende Radikalisierung der AfD] sie nun auch stärker isoliert. Die 500 Delegierten in Markneukirchen wurden vor allem von jenen Rednern in Erregung versetzt, die allein an dumpfe Gefühle und Ängste appellierten. Bei der klebrigen und langwierig-langweiligen Dreitagesveranstaltung bildeten einzig infantile und pseudoreligiöse Patriotimus-Ausbrüche die Highlights.

Die Partei hat eben keine „Alternative“ bei konkreten Sachfragen zu bieten, wofür auch die äußerst mühsame Aufstellung eines Wahlprogramms spricht. Sie lebt nur von Hass und Hysterie. Man kann dieser zunehmenden Radikalisierung aber auch etwas Positives abgewinnen.

Jedem potenziellen AfD-Wähler müsste nun endgültig klar sein, wem er seine Stimme geben will. Und [2][wer in der sächsischen CDU bislang darauf schielte,] eventuell mit einer domestizierten AfD im Herbst zu koalieren, muss seinen Irrtum spätestens jetzt erkennen. Diese AfD hat sich endgültig selbst disqualifiziert. Zumindest die Parteispitze, die eine Koalition ausschließt, scheint das auch selbst begriffen zu haben.

Man kann also durchaus hoffnungsfroh sein, dass [3][die fortschreitende Radikalisierung der AfD] sie nun auch stärker isoliert. In Markneukirchen war beim besten Willen niemand mehr zu entdecken, der als Anschlussfigur an bürgerliche Kreise gelten könnte.

Immer irrationaler

Gleichzeitig zeigen sich erste Zerfallserscheinungen am rechten Rand. Ex-AfDler André Poggenburg, [4][der die Partei „Aufbruch deutscher Patrioten“ gegründet hat,] war am Wochenende ebenfalls in Sachsen. Er schluckte die rechtsextreme „Sächsische Volkspartei“. Rechtsausleger wie diese könnten die Wahlergebnisse der AfD deutlich verringern und das rechte Lager spalten.

Gut möglich, dass die immer irrationaler agierende AfD den Zenit ihrer Massenmobilisierungsfähigkeit bereits überschritten hat.

10 Feb 2019

LINKS

[1] /AfD-Wahlparteitag-in-Sachsen/!5569093
[2] /Die-CDU-in-Sachsen/!5536294
[3] /AfD-Wahlparteitag-in-Sachsen/!5569093
[4] /Die-Nationalkonservativen-statt-AfD/!5564594

AUTOREN

Michael Bartsch

TAGS

Schwerpunkt AfD
Sachsen
Schwerpunkt Landtagswahl Sachsen 2024
Patriotismus
AfD Sachsen
Journalismus
Schwerpunkt AfD
Schwerpunkt AfD
Schwerpunkt AfD
Schwerpunkt AfD

ARTIKEL ZUM THEMA

Landtagswahl in Sachsen: Sachsen-AfD eingedampft

Nur 18 statt der geplanten 61 ListenkandidatInnen zugelassen: Zwei Monate vor der Landtagswahl stolpert die sächsische AfD über einen Formfehler.

Dokumentation über Journalisten: Drei Wahlen in Sachsen

Eine Arte-Doku über die Arbeit von Journalisten der „Sächsischen Zeitung“ zeigt mutige Kollegen – und zeichnet ein verstörendes Gesellschaftsbild.

Urteil zur Wochenzeitung „Kontext“: „Kontext“ darf wieder berichten

Ein AfD-Mitarbeiter hatte sich rassistisch geäußert. Weil er dies bestritt, musste„Kontext“ zwei Artikel zurückziehen. In der Berufung hatte „Kontext“ nun Erfolg.

AfD-Wahlparteitag in Sachsen: Extreme Erfolge

Beim Wahlparteitag erreichen die härtesten Rechtsausleger vordere Plätze. Gemäßigtere Kandidaten wurden nach hinten durchgereicht.

AfD-Rechtsaußen-Bewegung „Der Flügel“: Eine Partei in der Partei

In einem internen Schreiben warnt der AfD-Sprecher in NRW vor dem rechten Björn Höcke. Dessen „Flügel“ spalte nun den Landesverband.

Wahlkampf in Sachsen: Sächsische AfD will an die Macht

Vor dem am Freitag beginnenden Landesparteitag geben sich die Rechtspopulisten geschlossen. Sie hoffen auf den ersten Platz bei der Wahl im September.