taz.de -- Versicherer gegen Automobilindustrie: Ersatzteile sollen billiger werden

Autohersteller sollen auf ihr Monopol bei der Herstellung von Fahrzeugteilen verzichten. Das wollen die Produzenten aber auf keinen Fall.
Bild: Wie viel würden die Ersatzteile für dieses Auto wohl kosten? (Symbolbild)

Berlin taz | Die Autoversicherer klagen über drastisch gestiegene Preise bei Ersatzteilen. Sie machen für den Anstieg das Monopol verantwortlich, das Hersteller bei der Produktion von Ersatzteilen haben, den sogenannten Designschutz. „Die Versicherer fordern, künftig die sichtbaren Teile der Karosserie vom Designschutz auszunehmen“, sagte Wolfgang Weiler, Präsident des [1][Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft] (GDV), bei der Vorstellung der Branchenbilanz für 2018.

Autos dürfen nur auf die Straße, wenn sie haftpflichtversichert sind. Die Versicherung kommt für Schäden auf, die anderen zugefügt werden. Um nicht auf Schäden am eigenen Auto sitzen zu bleiben, können HalterInnen eine Kaskoversicherung abschließen.

Die Preise für Rückleuchten sind nach Angaben des GDV seit 2013 um 50 Prozent gestiegen. Kofferraumklappen kosten 34 Prozent mehr. „Für unsere Branche relevante Teile sind bis August 2018 innerhalb eines Jahres im Schnitt 4 Prozent teurer geworden“, sagte Weiler. Durch den Designschutz werde der Wettbewerb auf dem Ersatzteilmarkt ausgeschaltet. Es sei vermutlich günstiger, wenn VerbraucherInnen beim Kauf von Kotflügeln, Scheinwerfern oder Windschutzscheiben zwischen Produzenten wählen könnten.

Das wäre vergleichbar mit Medikamenten: Nach Auslaufen des Patentschutzes können andere Hersteller Nachahmerpräparate auf den Markt bringen, die viel [2][billiger sind als die Originalprodukte].

Klagen auf hohem Niveau

Das wollen die Fahrzeugbauer nicht. „Die Automobilindustrie lehnt eine Aufweichung des Designschutzes ab“, sagte ein Sprecher des Verband der Automobilindustrie (VDA). Schutzrechte seien unverzichtbar für die Vermarktung, aber auch für die Bekämpfung von Produkt- und Markenpiraterie, gerade bei Ersatzteilen.

Die Kfz-Versicherer klagen auf hohem Niveau. Zwar sind die Ausgaben für Schäden 2018 um 2,7 Prozent auf 24,3 Milliarden Euro angewachsen. Gleichzeitig stiegen die Einnahmen aber um 3,2 Prozent auf 27,8 Milliarden Euro – nach Abzug aller Kosten blieben rund 700 Millionen Euro übrig, 200 Millionen mehr als 2017.

Die Versicherer sind gigantische Geldeinsammler. 2018 nahm die Branche erstmals mehr als 200 Milliarden Euro an Beiträgen ein. Aber vor allem die Lebensversicherer ächzen unter den niedrigen Zinsen und [3][versuchen, den Leidensdruck an KundInnen weiterzugeben]. Früher verkauften sie vorwiegend Lebens- und private Rentenversicherungen, bei denen sie KundInnen lebenslang eine bestimmte Verzinsung ihres Kapitals garantierten. 2018 galt das nur noch für ein Drittel der neu verkauften Policen. Bei den meisten Verträgen tragen die VerbraucherInnen das Kapitalmarktrisiko jetzt teilweise oder sogar ganz selbst.

30 Jan 2019

LINKS

[1] https://www.gdv.de/de
[2] /Gefaelschte-Studien-zu-Generika/!5026864
[3] /Auslaufmodell-Lebensversicherung/!5216274

AUTOREN

Anja Krüger

TAGS

Versicherung
Auto-Branche
Kündigung
Finanzen
Versicherung

ARTIKEL ZUM THEMA

Vergleich von Autoversicherungen: Vergünstigungen für Umweltbewusste

Bis zum 30. November können KundInnen Kfz-Policen kündigen. Wer eine Bahncard oder ein Jobticket hat, sollte nach Öko-Rabatten schauen.

Anlagestrategien der Pensionsfonds: Wenn die Rente den Hambi abholzt

Steckt Ihre Pensionskasse Geld in Rüstungsfirmen, Kohle oder Atomkraftwerke? Falls ja, könnte sich das bald ändern.

Experte über Gesundheitsdaten: „Einstieg in die Entsolidarisierung“

In den USA will eine Versicherung nur Kunden, die gesund leben. Die bekommen Rabatte gegen Daten, warnt Verbraucherschützer Philipp Opfermann.