taz.de -- Lieferdienstmarkt in Europa: Fusion zweier Schwergewichte geplant

Das niederländische Unternehmen Takeaway will die drei Lieferdienste des Berliner Unternehmens Delivery Hero aufkaufen. Die Plattformen sollen vereint werden.
Bild: Auch Foodora gehört zu den deutschen Diensten, die nun verkauft werden sollen

Berlin dpa | Die Essenlieferdienste Foodora, Lieferheld und Pizza.de wechseln in Deutschland den Besitzer: Das Berliner Unternehmen Delivery Hero verkauft sein Geschäft hierzulande für rund 930 Millionen Euro an den Konkurrenten Takeaway.com. Die Niederländer betreiben schon das Portal Lieferando.de. Auf lange Sicht sollen Kunden dann nur noch dort bestellen.

Ziel sei es, alle Plattformen zusammenzuführen, sagte ein Sprecher aus Amsterdam am Freitag. Der Verkauf muss noch von den Takeaway-Aktionären genehmigt werden. Die Unternehmen wollen den Deal in der ersten Jahreshälfte 2019 abschließen. Danach sollen die Portale innerhalb von sechs Monaten zusammengelegt werden – das könnte also bis Ende 2019 passieren.

Essen nach Hause bestellen, das ging schon früher mit einem Anruf bei der Pizzeria um die Ecke. Heute gibt es mehrere Internetportale, über die Kunden verschiedene Restaurants zur Auswahl haben. Die Dienste bekommen im Gegenzug für die Bestellungen eine Provision. Pizza, Sushi oder vietnamesische Suppe? Vor allem in großen Städten sehen die Anbieter noch gute Geschäftschancen.

In Deutschland konkurrieren mehrere Anbieter. In Großstädten gibt es zum Beispiel Foodora, dessen Fahrradkuriere in pinkfarbener Kleidung die Gerichte nach Hause bringen. Ein großer Rivale ist Deliveroo. Takeaway ist in Deutschland für seine Marke Lieferando bekannt und will nun Foodora, Lieferheld sowie Pizza.de übernehmen.

Die Niederländer wollen damit ihre Bestellungen in Deutschland verdoppeln – und es gebe auch dann noch „gewaltige Wachstumsmöglichkeiten“, erklärte Takeaway-Vorstandschef Jitse Groen. Dass es am Ende nur noch eine Plattform geben soll, soll auch das Marketing einfacher machen, wie ein Sprecher sagte.

Über Fusion schon länger spekuliert

Die drei Lieferdienste werden gegen Barmittel und Aktien verkauft, Delivery Hero bekommt im Gegenzug eine Beteiligung an Takeaway. Das Berliner Unternehmen geht davon aus, durch die Aktienbeteiligung einen Anteil von ungefähr 18 Prozent an Takeaway.com aufzubauen. Rund die Hälfte des Barerlöses von etwa 508 Millionen Euro will der Konzern in weiteres Wachstum investieren.

Über eine Fusion der beiden Schwergewichte des hart umkämpften Liefermarkts wird schon länger spekuliert. Delivery Hero wurde 2011 gegründet. Seit 2017 ist das Unternehmen an der Börse, größere Aktionäre sind laut Unternehmen der südafrikanische Medienkonzern Naspers Group und die Start-up-Schmiede Rocket Internet.

Das Lieferunternehmen ist in rund 40 Ländern aktiv – und konzentriert sich nun aufs Ausland. Die Transaktion verbessere die Position von Delivery Hero, sagte Firmenchef Niklas Östberg. Trotz des Verkaufs des Deutschland-Geschäfts würden die Umsatzziele für 2019 übertroffen. Das Unternehmen werde zudem einen Anteil an Takeaway.com halten und über mehr finanzielle Mittel verfügen.

Bei den Anlegern kamen die Pläne gut an. Die Aktien von Delivery Hero lagen am Morgen deutlich im Plus. Ein Händler sprach von einem „strategisch vorteilhaften Deal“. Delivery Hero erwartet einen zusätzlichen Umsatz von 45 Millionen Euro im kommenden Jahr und ab 2020 von jährlich 81 Millionen Euro. Für 2019 peilt Delivery Hero nun einen Umsatz zwischen 1,08 Milliarden und 1,15 Milliarden Euro an.

21 Dec 2018

TAGS

Lieferdienste
Essen
Deliveroo
Deliveroo
Foodora
Paketdienste
Foodora
Foodora

ARTIKEL ZUM THEMA

Aus für Essensdienst in Deutschland: Warum Deliveroo geliefert ist

Von Marx lernen heißt siegen lernen: In „Das Kapital“ lässt sich nachlesen, warum der Lieferdienst Deliveroo in Deutschland keine Chance hatte.

Deliveroo verlässt Deutschland: Am Ende der Nahrungskette

Rund 1.000 Fahrer*innen haben heute erfahren, dass sie ab Freitag arbeitslos sind. Die Gewerkschaft NGG kritisiert die Arbeitsbedingungen scharf.

Studie zu Bedingungen bei Liefer-Apps: Fünf Euro pro Fahrt

Deliveroo und Foodora behandeln ihr Personal schlecht. Kontrolliert werden die FahrerInnen, indem die Apps sie unwissend halten.

Die Wahrheit: Edelboten ersetzen Eilboten

Vor den geschenkreichen Festtagen gibt es endlich Paket- und Lieferdienste mit ethisch hervorragenden Arbeitsbedingungen.

Arbeitsbedingungen bei Lieferdiensten: Protest mit Schrott

Mitarbeiter der Lieferdienste Foodora und Deliveroo protestieren, weil sie die Reparaturkosten für ihr Fahrrad selbst tragen müssen.

Arbeitsbedingungen bei Foodora und Co: Die Revolte der neuen Dienstboten

FahrerInnen unter Druck, Profite streichen andere ein. Es regt sich Widerstand gegen die Arbeitsbedingungen bei Lieferdiensten wie Foodora.