taz.de -- „Tatort“ aus Wien: Entscheidung am Abzug

Eine tote Journalistin liegt auf dem Grund des Wolfgangsees. Der Wien-„Tatort“ zeigt: Wo eine Waffe ist, ist schnell auch eine Leiche.
Bild: Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Bibi Fellner (Adele Neuhauser) ermitteln

Die Politik da oben gegen uns einfache Beamte da unten. Die hochnäsig, wir anpackend. Die korrupt, wir gut und edel. Ja, es ist kein ganz frisches Thema, das der „Tatort“ aus Wien an diesem Sonntag behandelt.

Immerhin: Man kauft Bibi Fellner (Adele Neuhauser) und Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) diese Rollen tatsächlich ab, wenn sie einen bald 38 Jahre alten (realen) Fall aufrollen. Damals, am 9. Oktober 1981, starb der frühere österreichische Verteidigungsminister Karl Lütgendorf. Die offizielle Version: Suizid.

Doch es gab und gibt viele unbeantwortete Fragen: Warum hat der Rechtshänder Lütgendorf die Waffe in der linken Hand gehabt? Warum hat er sich durch den geschlossenen Mund in den Kopf geschossen? Warum war die Tür des Autos, in dem er gefunden wurde, offen? Und: War Lütgendorf in illegale Waffengeschäfte verwickelt und wollte ihn ein alter Geschäftspartner aus dem Weg räumen?

Waffen: das zweite Thema dieses „Tatorts“. Schon in der Einstiegssequenz, einer Kamerafahrt auf den Grund des Sees, wo ein Auto liegt, Scheinwerfer an, eine Leiche auf dem Fahrersitz, eine Waffe an die Hand geklebt, da spricht Moritz Eisner als Erzähler aus dem Off: „Ich trag eine Waffe am Gürtel, aber Waffen können nicht darüber entscheiden, was richtig und was falsch ist auf dieser Welt.“

Da hat der Moritz recht. Und dieser Krimi zeigt das: Wo eine Waffe ist, ist schnell auch eine Leiche. Die Tote auf dem Grund des Wolfgangsees war eine Journalistin, die dem Fall Lütgendorf hinterherrecherchiert hat. Und schnell steht bei Eisner und Fellner eine Frau aus der Generaldirektion für Innere Sicherheit auf der Matte: Ab jetzt bitte laufend Bericht erstatten, ja? Danke.

Und natürlich, je mehr die beiden ErmittlerInnen in dem alten Dreck wühlen, staubige Akten durchforsten (von denen es im Archiv auffällig wenige gibt), desto wütender und bockiger werden die da oben. Für sie steht fest, wie die Ermittlungen ausgehen sollen. „Alles im Dienste der Sicherheit unseres Staates“, sagen sie. Ja? Danke.

Dazwischen der Ernstl (Hubert Kramar), der Chef von Fellner und Eisner: „Ihr müsst leiser treten. Lasst's etwas Wasser die Donau hinunterfließen und dann werden wir schon sehen.“ Tun sie natürlich nicht. Sie machen weiter. Noch mal der Erzähler Eisner vom Anfang des Films: „Was die so genannten Guten tun, ist nicht gut für uns alle. Ob es schlecht ist, sieht man oft erst, wenn es zu spät ist. Meistens erst, wenn jemand längst seine Waffe gezogen hat, um damit eine Entscheidung zu treffen.“

13 Jan 2019

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Jürn Kruse

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