taz.de -- Nach taz-Recherche über Pflanzengift: Bayer ändert Aussage zu Glyphosat
Dass 800 Studien ein Krebsrisiko bestreiten, behauptet der Chemiekonzern jetzt nicht mehr. Die Zahl der Klagen von Glyphosat-Geschädigten steigt weiter.
Nach den [1][taz-Recherchen] zu falschen Aussagen über das Krebsrisiko des Pflanzengifts Glyphosat hat Bayer seine Kommunikation zum Thema verändert. Im letzten Quartalsbericht vom Juli ([2][pdf]) hatte das Chemieunternehmen noch behauptet, „mehr als 800 wissenschaftliche Studien“ hätten „bestätigt, dass Glyphosat bzw. Glyphosat-basierte Herbizide nicht krebserregend sind und dass die bestimmungsgemäße Anwendung sicher ist“. Tatsächlich befassten sich aber überhaupt nur rund 50 Studien mit dem Krebsrisiko – und kamen zudem zu unterschiedlichen Ergebnissen.
Im jüngsten Quartalsbericht ([3][pdf]), der am Dienstag veröffentlicht wurde, ist die Aussage deutlich verändert worden. „Mehr als 800 wissenschaftliche Studien und Aufsichtsbehörden weltweit haben bestätigt, dass Glyphosat sicher ist, wenn es entsprechend den Anwendungshinweisen verwendet wird“, heißt es nun. Ähnlich äußerte sich der Vorstandsvorsitzende Werner Baumann bei einer Pressekonferenz. Die Falschaussage, dass alle diese Studien das Mittel für nicht krebserregend halten, wiederholte das Unternehmen nicht.
„Bayer rudert deutlich zurück, bleibt aber kreativ im Umgang mit Studienergebnissen“, kommentierte Harald Ebner, Gentechnikexperte der Grünen im Bundestag, die neue Aussage. Zwar seien tatsächlich rund 800 Studien in die Glyphosatbewertung der Behörden eingeflossen, doch kämen nicht alle zu dem Schluss, dass Glyphosat unbedenklich sei. „Das ist lediglich die Gesamtinterpretation der Zulassungsbehörden, die diese weitgehend unkritisch von den Herstellern übernommen haben“, sagte Ebner der taz.
Im Pressegespräch zu den Quartalszahlen berichtete Bayer-Chef Baumann zudem, dass die Zahl der Klagen von Glyphosatgeschädigten in den USA auf 9.300 gestiegen ist. Im August hatte das Unternehmen noch von 5.000 gesprochen. „Mit weiteren Klagen ist zu rechnen“, sagte Baumann. Das Unternehmen sei aber „unverändert davon überzeugt, gute Argumente zu haben“, und werde sich „in all diesen Verfahren entschieden zur Wehr setzen“.
In einem ersten aufsehenerregenden Urteil war Bayer in Kalifornien dazu verurteilt worden, einem krebskranken Glyphosatanwender 289 Millionen Dollar Entschädigung zu zahlen. Das Urteil, das noch nicht rechtskräftig ist, hatte den Aktienkurs des Chemiekonzerns einbrechen lassen.
14 Nov 2018
LINKS
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Die „Bild“-Zeitung und die CDU werfen den Grünen Täuschung vor – zu Unrecht. Anlass ist ein Plakat zum Pestizid Glyphosat.
Bayer verdient 77 Prozent weniger, will den Aktionären aber so viel zahlen wie noch nie. Die sind wegen der Glyphosat-Prozesse in den USA verschreckt.
Der Chemiekonzern wollte der taz eine Titelseite zum Pestizid Glyphosat verbieten. Die taz klagte dagegen – jetzt zieht Bayer zurück.
Hat das Bundesinstitut für Risikobewertung Angaben von Monsanto bei der Glyphosat-Zulassung übernommen? Das kritisieren EU-Abgeordnete.
Ein US-Bezirksrichter gab dem Antrag von Bayer statt, das Verfahren in zwei Phasen aufzuteilen. So kann der Kläger seine Vorwürfe nicht zu Beginn des Prozesses vorbringen.
Bayer gehen die Argumente für eine bedenkenlose Nutzung des Pestizids Glyphosat aus. Bei einer wichtigen Studie zeigen sich Unstimmigkeiten.
Der größte Teil der Streichungen soll das Geschäft mit dem Pflanzenschutz und Konzernfunktionen betreffen. Mit dem Betriebsrat gibt es eine Vereinbarung.
Der Konzern bekämpft einen Plan der EU-Kommission. Dieser sieht vor, dass kritische Forscher Pestizidstudien rechtzeitig überprüfen können.
Im Umgang mit der Wahrheit erinnert Bayer an Trump. Der Konzern führt mit seinen Krebsstudien in die Irre und zeigt damit, wie ängstlich er ist.
Mehr als 800 Studien würden bestätigen, dass das Pestizid nicht Krebs verursache, behauptet Bayer. Doch nur rund 50 Analysen beschäftigen sich mit der Frage.
Die Umweltministerin legt ein Ausstiegskonzept für das umstrittene Pestizid vor. Doch entscheiden wird am Ende das Agrarministerium.
Der Wert von Bayer ist nach Gerichtsurteilen um ein Viertel eingebrochen. Das zynische Geschäftsmodell des Konzerns wird immer klarer.
Mit der Monsanto-Übernahme verkauft Bayer ein Pestizid, das wohl Krebs verursacht – und ein Medikament, das den Krebs stoppen soll.
Monsanto kommt wohl weitaus glimpflicher davon, als es zunächst schien. Konzernmutter Bayer genügt das nicht – und will weiter klagen.