taz.de -- Kolumne Liebeserklärung: Frieden schaffen ohne Betten
Airbnb streicht Unterkünfte im Westjordanland aus dem Angebot. Und liefert eine Begründung, die der Anfang von etwas Großem sein könnte.
Der Online-Wohnungsvermittler Airbnb löst endlich die Probleme der Welt. Künftig will er keine Wohnungen mehr in den von Israel besetzten Gebieten im Westjordanland vermitteln. Die israelischen Siedlungen dort seien „der Kern der Auseinandersetzung zwischen Israelis und Palästinensern“. Gut, das zu klären, denn die ein oder andere verwirrte Seele war ja bislang der Ansicht, der Kern der Auseinandersetzung sei womöglich, dass die Palästinenser das Existenzrecht Israels nicht anerkennen.
Schlaft also nicht beim Juden, zumal es dort draußen ja ohnehin dauernd so unschön rumpelt und donnert, weil manche Palästinenser diese Auseinandersetzung traditionell gerne mit Raketen oder Selbstmordattentätern führen – was nicht gut ist für eine entspannte Nachtruhe, da hat Airbnb auch eine gewisse Verantwortung für seine Kunden.
Airbnb beruft sich auf „viele in der globalen Gemeinschaft“, die meinen, „dass Firmen nicht auf Land Profit machen sollten, von dem Menschen vertrieben worden sind“. Eine sehr schöne Idee, die Airbnb hoffentlich konsequent weiterverfolgen wird. Das Westjordanland kann nur ein Anfang sein!
Viel mehr Profit macht Airbnb nämlich zum Beispiel in deutschen Städten, und zwar ebenfalls auf Land, von dem zuvor Menschen vertrieben wurden. Sogar gleich zweimal: Zuerst die Juden, die nach ihrer Deportation oder Flucht (die sie, aufgepasst!, manchmal sogar nach Israel verschlagen hat) so manche spätere hippe Ferienwohnung hinterlassen haben.
Und ganz aktuell die Einwohner ebenjener Städte, die keinen Wohnraum mehr finden, weil in jedem gottverdammten Flur längst schon ein paar Airbnb-Couchsurfer herumlümmeln, sodass für uncoole Einheimische, die aus irgendwelchen Gründen nicht pro Nacht und Bett zahlen wollen, leider kein Platz mehr ist. Jedenfalls glauben viele in der globalen Gemeinschaft, dass Airbnb in europäischen Innenstädten der Kern der Auseinandersetzung zwischen Touristen und Einheimischen ist. Werden die Wohnungen dort auch ausgelistet, könnte bald wieder sozialer Frieden herrschen.
Die Touristen könnten ja nach Gaza ausweichen. In dem freundlichen Hamas-Streifen vermittelt Airbnb auch weiterhin sehr gerne Unterkünfte.
23 Nov 2018
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Eine von bösen Menschen „Dermophis donaldtrumpi“ genannte Amphibie kann sich nicht wehren – da schleimen wir uns an ihre Seite.
Der mutmaßlich palästinensische Attentäter schoss auf eine Gruppe Israelis, die an einer Bushaltestelle warteten. Sieben Menschen wurden teils schwer verletzt.
Fast jeder kann sich mittlerweile Reisen leisten, die Tourismusindustrie wächst. Doch die Demokratie bleibt auf der Strecke.
Zimmer online vermitteln, das klingt nett. Doch das Problem steckt schon im Airbnb-Gründungsmythos. Jetzt hilft nur strikte Regulierung.