taz.de -- Kommentar Olympische Winterspiele: Olympia braucht neue Ideen
Das Abstimmungsergebnis in Calgary war schon die neunte Absage in Folge. Es wird immer schwieriger, einen Austragungsort für die Spiele zu finden.
Die Demokratie scheint sich zum größten Gegner des Internationalen Olympischen Komitees zu entwickeln. Die Bewerbung um die Olympischen Winterspiele 2026 in Calgary war nun bereits die neunte in Serie, die [1][am Widerstand der befragten Bevölkerung scheiterte]. Mit den Heilsversprechen des IOC kann man keine Wahlen mehr gewinnen. An die olympische Idee, wie sie derzeit ausgestaltet ist, scheinen vornehmlich die zu glauben, die daran verdienen.
Es bedarf dringend neuer Ideen. Es gibt keinen Plan B für die Olympischen Winterspiele 2026. Das hat IOC-Präsident Thomas Bach versichert, als er vor wenigen Tagen auf die drei wackligen Bewerbungen aus Calgary, Mailand/Cortina d’Ampezzo und Stockholm angesprochen wurde.
Nach dem [2][negativen Ausgang in Calgary] und dem damit wahrscheinlich verbundenen Ausscheiden des ersten Kandidaten demonstrierte man beim IOC weiter Gelassenheit. Das Votum, teilte der Dachverband mit, sei nach den Diskussionen und Unsicherheiten in den vergangenen Tagen „keine Überraschung“.
Wenig überraschend dürfte es allerdings auch sein, wenn Mailand/Cortina d’Ampezzo und Stockholm von ihrem Vorhaben ablassen. Diese beiden Bewerbungen können zwar nicht mehr durch Referenden gestürzt werden, doch bei den gewählten Volksvertretern hat sich der Widerstand bereits formiert – in Schweden im Stockholmer Stadtrat, in Italien bei der nationalen Regierung. Steuerverschwendung solle vermieden werden, heißt es unisono.
Die Agenda 2020 des IOC, die der zügellosen Kommerzialisierung der Olympischen Spiele Einhalt gebieten sollte, hat kaum Veränderungen bewirkt. Für die Schweden und Italiener dürfte es entmutigend sein, dass selbst die Bürger von Calgary, die als Gastgeber der Winterspiele von 1988 auf vorhandene Strukturen hätten zurückgreifen können, vor diesem Event zurückschrecken. Der Rückzug aller Kandidaten hätte aber etwas Gutes: Das IOC wäre gezwungen, endlich neue Pläne zu schmieden.
14 Nov 2018
LINKS
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Betont antigigantistisch tastet sich das Land Nordrhein-Westfalen an die Olympiabewerbung 2032 heran. Ziel ist auch eine verbesserte Infrastruktur.
Das IOC will mit lauter Sensationsmeldungen die Fußball-WM vergessen machen: Ein neues Haus, ein neuer Winterausrichter, eine neue Bestechung.
Italien holt sich die Winterspiele 2026. Die Regierungspartei Lega rastet aus vor Freude, die Koalitionspartnerin Fünf Sterne dagegen eher weniger.
Das greise olympische Komitee gibt sich jung und innovativ. Neue Sportarten sollen den Wettstreit erweitern – der Grund dafür ist klar.
Sportsenator Andreas Geisel (SPD) will die Spiele 2036 nach Berlin holen – mit Hilfe der ganzen „Nation“. Warum? Damit die Stadt mehr U-Bahn bekommt.
In der kanadischen Metropole fand ein Referendum zur Ausrichtung der Olympischen Winterspiele 2026 statt. Die Mehrheit ist gegen eine Bewerbung.
Die Anzahl möglicher Bewerber für die Olympischen Winterspiele wird sich drastisch reduzieren. Grund dafür ist die Erderwärmung.
Olympiaorte wie Garmisch, Sotschi und Vancouver wären bei gleichbleibendem Klimawandel zu warm für die Spiele. Selbst Kunstschnee hilft dann nicht.