taz.de -- Kolumne Flimmern und Rauschen: EU-Projekt gegen Fake News

Der „Disinformation Code of Practice“ soll ein Instrument gegen Fake News und Manipulationsversuche sein. Gut in der Theorie, problematisch in der Paxis.
Bild: Der Einsatz gegen Fake News erledigt sich nicht mit einem Schlag

Nun gut, überragend benannt ist das Projekt der EU-Kommission nicht gerade: „Disinformation Code of Practice“, das klingt wie eine Anleitung zum Bösesein im europäisch harmonisierten Formalkorsett. Gemeint ist genau das Gegenteil: Das Ganze soll ein Instrument gegen Desinformation, Fake News und Manipulationsversuche mit gesponserten Inhalten im Netz werden.

Wie in Frankreich zum Beispiel, wo die Nationalversammlung im Sommer ein Gesetz beschlossen hat, nach der drei Monate vor Wahlen auf nationaler oder europäischer Ebene alle KandidatInnen im Netz kursierende Falschinformationen richterlich verbieten lassen können. Gibt die RichterIn das Okay, müssen Falschinformationen innerhalb von 48 Stunden verschwinden. Plattformen sowie Webseitenbetreiber können gezwungen werden, betreffende Inhalte zu löschen.

Kleiner Nachteil: Der Ende September eher mal unbemerkt beschlossene EU-Code of Practice hat anders als in Frankreich keine bindende Gesetzeskraft, sondern ist erst mal nicht mehr als eine Selbstverpflichtung der betroffenen Plattformen, Online-Anbieter und Anzeigenvermarkter. Konkret geht es um Anzeigen bzw. gesponserten Content, deren Herkunft bzw. Auftraggeber besser überprüft werden müsse. Dazu will man vor allem transparenter werden, welche Inhalte gesponsert sind – und von wem. Social-Media-Dienste und Webseitenbetreiber sollen außerdem von Bots gepostete Inhalte markieren und Fake Accounts identifizieren und dichtmachen. So weit, so theoretisch.

Denn dass die Praxis anders aussieht, zeigt schon das Gezerre um den Deutschland Kurier: [1][Der hat bekanntermaßen nichts direkt mit der AfD zu tun] (außer vielleicht doch). Denn trotz des Nachweises – übrigens dank verdienstvollen Nachzählens der Welt –, dass von 38 im Impressum genannten AutorInnen die Hälfte Mitglied der AfD sind, fällt es immer noch schwer, den Deutschland Kurier und die AfD unter die eine Decke zu bringen, unter der sie nach allem gesunden Menschenverstand stecken. Wenn es schon bei so einem schlichten Rechtsaußen-Printprodukt Probleme gibt – die AfD bestreitet weiter tapfer, irgendwas mit dem Ding zu tun zu haben –, dürften die Schwierigkeiten im Netz deutlich höher sein.

Das liegt daran, dass sich die politischen Initiativen gegen solche Desinformation im Netz zu stark an längst geschlagenen Schlachten wie den US-Wahlen vor bald zwei Jahren orientieren und schlicht nicht up to date sind. Heute setzen die Desinformacionistas viel stärker auf Bildbotschaften, geben sich als lokale Aktivisten aus und verschleiern so gekonnt ihre wahre „Location“ und ihre Absender. Der neue EU-Code setzt dem leider nicht allzu viel entgegen.

10 Oct 2018

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Steffen Grimberg

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