taz.de -- Senat muss den Mietenanstieg begrenzen: WBM & Co: Ausreizen, was geht!

Mit einer Kooperationsvereinbarung hat der Senat die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften auf einen Sozialkurs verpflichtet. Ein Wochenkommentar.
Bild: Baustelle der Howoge, hier entstehen u.a. soziale Mietwohnungen in Holz-Hybridbauweise

Es ist kein leichtes Unterfangen, die sechs landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften auf einen Sozialkurs zu verpflichten. Zu lang wurden sie darauf getrimmt, Wettbewerber im kapitalistischen Markt zu sein. Profite waren wichtiger als das Gemeinwohl und die Politik hat das auch noch befördert. Dass das [1][Stadtentwicklungsressort] nach der Wahl 2016 an die Linke fiel, wurde in den Chefetagen der Unternehmen dann auch wenig erfreut zur Kenntnis genommen.

Mit der Kooperationsvereinbarung, die das Land Berlin unter Verantwortung von Senatorin Katrin Lompscher mit den Gesellschaften im Juli vergangenen Jahres geschlossen hat, ist immerhin ein erster Schritt auf dem Weg hin zu einer sozialeren Ausrichtung gelungen. Der am Mittwoch vorgestellte Bilanzbericht zeigt: [2][Howoge] und Co. haben sich an ihre neuen Vorgaben gehalten. Um durchschnittlich 1,9 Prozent wurden die Mieten 2017 angehoben – 2 Prozent waren erlaubt.

Das Ausschöpfen dessen, was möglich ist, und insgesamt 126.000 verschickte Mieterhöhungen zeigen aber auch: Die Unternehmen sind nur so sozial wie vorgegeben. Immerhin: 2-Prozent-Steigerungen treiben die MieterInnen nicht in Massen aus ihren Wohngen, sie sind aber immer noch mehr als die durchschnittliche Teuerungsrate. Die lag 2017 in Deutschland bei 1,8 Prozent. Warum die Mieten schneller steigen sollten, ist nicht zu erklären.

Problematisch sind aber vor allem die Steigerungen der Neuvermietungspreise um etwa 10 Prozent innerhalb eines Jahres – 7,09 Euro statt 6,40 pro Quadratmeter. Damit tragen die landeseigenen Unternehmen weiterhin zum Überhitzen des Marktes bei. Die Erhöhungen werden sich im Mietspiegel niederschlagen und das allgemeine Preisniveau noch weiter nach oben verschieben. Die Kooperationsvereinbarung muss überarbeitet werden. Es braucht eine Begrenzung auch bei Neuvermietungen.

Vor allem aber geht es darum, langfristig aus dem Marktdenken auszubrechen. Die Landeseigenen müssen nicht Jahr für Jahr Gewinne erwirtschaften. Ihre vordringlichste Aufgabe sollte es sein, den Mietenanstieg in der Stadt zu bremsen und so viele bezahlbare Wohnungen wie möglich anzubieten. Für Neubauten und Ankäufe sollte die Politik zusätzliches Geld bereitstellen.

20 Oct 2018

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[1] http://www.stadtentwicklung.berlin.de/
[2] https://www.howoge.de/

AUTOREN

Erik Peter

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